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Haftungsfrage


Theodora Geschrieben am 19 Juni 2008



Dabei seit
19 Juni 2008
4 Beiträge
Obwohl ich mich jetzt schon kreuz und quer durch die ADSp, das HGB und dieses Forum gelesen habe, bin ich leider der Lösung meines Problems noch keinen Schritt näher gekommen:

Wir haben für unsere Lieferungen, die wir den Spediteuren übergeben, eine eigene Transportversicherung abgeschlossen. Bisher war die Bearbeitung von Schäden demnach recht einfach - Schadensmeldung abschicken, fertig.

Nun wurde uns von Seiten der Versicherung eine Selbstbeteiligung von 150 € je Schaden aufgebrummt. Unsere Ware ist leicht und nicht hochpreisig, die Schäden belaufen sich meist unter 100 €, demnach können wir keinen Schaden mehr bei der Versicherung einreichen.

Deshalb möchten wir nun direkt den Spediteur haftbar machen.

Der Spediteur haftet gem. ADSp - heisst das nun, daß ich beschädigte/verlorene Ware im Inlandsverkehr mit 5,00 €/kg belasten muss oder gelten die 2 SZR/kg?

Bin leider nicht "vom Fach" und deshalb entsprechend verwirrt ;o)

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Cargomike Geschrieben am 20 Juni 2008



Dabei seit
15 Februar 2008
28 Beiträge
Hallo Theodora,
grundsätzlich unterliegt der Spediteur der gesetzlichen Haftung, also dem HGB; hier ist die Haftungshöchstgrenze auf 8,33 SZR begrenzt, es sei denn, ihm ist grobe Fahrlässigkeit etc. nachzuweisen.
Darüber hinaus ergänzt der Spediteur das HGB mit seinen AGB, also den ADSp, die wiederum die Höchsthaftung auf EUR 5,00 je kg Schadengewicht begrenzen Diese gilt aber nur, wenn der Schaden während der Lagertätigkeiten, also dem Umschlag, entstanden ist. Passiert etwas während des reinen Transportes, greifen wieder die Höchstgrenzen des HGB.
Vielleicht konnte ich ein wenig helfen
Gruss
Mike

Theodora Geschrieben am 20 Juni 2008



Dabei seit
19 Juni 2008
4 Beiträge
Hallo Mike,

vielen Dank für deine Antwort - das hilft mir schon ein großes Stück weiter.

Um zu erkennen, wo der Schaden entstanden ist, muss ich mir dann die Schnittstellenkontrolle anschauen? Wobei ich das Gefühl habe, daß diese Angaben auch nicht immer zuverlässig sind ...

Gruß
Theodora

MagNet-99 Geschrieben am 20 Juni 2008



Dabei seit
16 Juni 2006
2708 Beiträge
Hallo Theodora,

in der Regel wird heute Stückgut so versendet, das der Spediteur als sogenannter 'Fixkostenspediteur' auftritt. Zwischen Auftraggeber und Spediteur wird hier ein Pauschalbetrag (fester, fixer Betrag) als Entgelt für die Abwicklung eines Auftrages inklusive der Beförderungsleistung vereinbart. Der Kunde kennt damit bereits bei Vertragsschluss die Höhe der Kosten. Die Haftung ist dann unabhängig davon wo der Schaden passiert ist gleichhoch und Du kannst Dir die mühsame Schnittstellenüberprüfung ersparen.

Gruss
MagNet-99

betterorange Geschrieben am 20 Juni 2008



Dabei seit
02 April 2007
1271 Beiträge
Hallo Theodora,

ich als Spediteur würde mal auf fahrlässig verwendete mindere Verpackung hinweisen und eine Haftung grundsätzlich in Frage stellen, da die Schadensfälle ja regelmässig vorkommen.

Schliesslich haben auch wir so unsere Selbstbehalte und viele möchten keine faulen Sendungen zuladen.

Im Rahmen eines gemeinsamen Qualitätsmanagements mit Hersteller, Spediteur und Versicherer geht sicher mehr positives zu bewegen.

Cheers, b.o.

Theodora Geschrieben am 23 Juni 2008



Dabei seit
19 Juni 2008
4 Beiträge
@ MagNet-99: ein kurzer Überblick bei der Schnittschnellenkontrolle ergibt, daß die Schäden grundsätzlich auf dem Transportweg vorkommen.

@ betterorange: wir haben seinerzeit zusammen mit sämtlichen Spediteuren unsere Transportverpackungen optimiert - im Moment hat besagter Transporteur wohl gerade "eine Serie"; ärgerlich, aber nicht zu ändern

Cargomike Geschrieben am 23 Juni 2008



Dabei seit
15 Februar 2008
28 Beiträge
@MagNet-99: solange Du mit Deinem Kunden die ADSp vereinbarst, stellt sich Frage nach dem Fixkostenspediteur im Grunde nicht. Und wer Stückgut betreibt, der wird sich grundsätzlich auf die ADSp berufen. Eine andere Sichtweise führt zum Tod der ADSp.

oleda Geschrieben am 23 Juni 2008



Dabei seit
10 April 2008
365 Beiträge
Hallo Cargomike, Beederdigung war mit der letzten Revision der ADSp (2002?). Fuer Haftungsfragen sind die ADSp fast nicht mehr andwendbar, bzw. die Haftungshoehe wird in der Regel gem. HGB geregelt.

Tim_S. Geschrieben am 24 Juni 2008



Dabei seit
22 April 2008
157 Beiträge
N´abend,

zur Abgrenzung zwischen den Haftungshöchstbeträgen nach § 431 HGB und Ziff. 23 ADSp 2003 hilft Ziff. 23.1.2 ADSp etwas weiter. Dort heißt es:

Zitieren::
23. Haftungsbegrenzungen
23.1 Die Haftung des Spediteurs bei Verlust oder Beschädigung des Gutes
(Güterschaden) ist mit Ausnahme der verfügten Lagerung der Höhe nach
begrenzt
23.1.1 auf € 5 für jedes Kilogramm des Rohgewichts der Sendung;
23.1.2 bei einem Schaden, der an dem Gut während des Transports mit einem
Beförderungsmittel eingetreten ist, abweichend von Ziffer 23.1.1 auf den
für diese Beförderung gesetzlich festgelegten Haftungshöchstbetrag;

Wenn die ADSp wirksam einbezogen wurden, dann sind sie grundsätzlich zu beachten. Dann ist die Haftung des Spediteurs grundsätzlich auf 5 Euro/Kg Rohgewicht beschränkt. Ziff. 23.1.2 schränkt den Grundsatz ein und sagt, dass die Haftungsbegrenzungen des HGB (oder der CMR, die in Deutschland nicht als Völkerrechtsvertrag sondern als unmittelbares Bundesgesetzt gilt) anzuwenden sind, wenn der Schaden "während des Transportes mit einem Beförderungsmittel" eingetreten ist. Ein Schadenseintritt bei der Ver- oder Entladung ist also auf 5 Euro/kg beschränkt, weil dies dem Transport vor- bzw. nachgelagert ist. Ein Schadenseintritt während/durch ein Vollbremsmanöver wäre ggfs. auf 8,33 SZR/kg beschränkt (die ganzen Probleme mit der Haftung dem Grunde nach mal außen vor gelassen).

Das Problem in der Praxis ist aber an folgender Stelle: Die Beweislast dafür, dass der Schaden nicht während der Beförderung eingetreten ist, hat der Spediteur. Das steht zwar in den ADSp anders drin,

Zitieren::
25. Beweislast
25.1 ...
25.2 Der Beweis dafür, daß ein Güterschaden während des Transports mit einem
Beförderungsmittel (Ziffer 23.1.2) eingetreten ist, obliegt demjenigen, der dies
behauptet. Bei unbekanntem Schadenort hat der Spediteur auf Verlangen des
Auftraggebers oder Empfängers den Ablauf der Beförderung anhand einer
Schnittstellendokumentation (Ziffer 7) darzulegen. Es wird vermutet, daß der
Schaden auf derjenigen Beförderungsstrecke eingetreten ist, für die der
Spediteur eine vorbehaltslose Quittung nicht vorlegt.

Diese Klausel wird jedoch für unwirksam, weil mit §§ 305 ff. BGB unvereinbar, gehalten. Hier entsteht dann also ein prozessrechtliches Problem, nämlich das Gericht davon zu überzeugen, dass der Vollbeweis des Schadensortes außerhalb des Transportes gelungen ist.

edit: Das betrifft jetzt Straßengütertransporte. Wenn der Spediteur einen Multimodalvertrag mit Seeteil übernommen hat, können auch 2 SZR/kg vereinbart werden.
Grüße

Guenther Geschrieben am 23 Juli 2008



Dabei seit
23 Juli 2008
1 Beiträge
Hallo Leute

ich habe noch eine Frage zu dem Artikel von Theodora:

"Deshalb möchten wir nun direkt den Spediteur haftbar machen."

auch wir sind - aufgrund eine höheren Selbstbeteiligung bei Transportschäden des öfteren unterhalb dieses Betrages. Wenn ich nun die Spedition für den Schaden haftbar mache und eine Schadensrechnung schicke, dann ist die Antwort: Wenden Sie sich bitte an Ihre Transportversicherung - diese wird dann uns in Regress nehmen.

Kann ich mich als Risikoträger des Transportes wirklich nicht direkt bei der Spedition den Schadensbetrag einfordern?

Gruß
Günther

michaelm Geschrieben am 23 Juli 2008



Dabei seit
12 Dezember 2005
904 Beiträge
Hallo Günther,

den Selbstbehalt erstmal ausgeklammert, erklärt sich ein Kunde mit eigener Transportversicherung generell schriftlich gegen die Eindeckung einer Transportversicherung gem. ADSp und wird somit beim Spediteur als "Verzichtskunde" oder "Verbotskunde" geführt, die Begriffe haben sich nach der Transportrechtsreform weiterhin so "eingebürgert". Hat der Kunde eine eigene Versicherung, erhält er generell im Schadenfall vom Spediteur eine "Tatbestandsaufnahme" mit Sendungspapieren und Belegen zur Schnittstellenkontrolle zur Weitergabe an den Versicherer.

Da Du nun einen Selbstbehalt hast, sollte vielleicht mit dem Spediteur ein Weg gesucht werden, eine Versicherungspolice individuell zu gestalten und dadurch vielleicht nicht nur Transportschäden, sondern auch Vermögenschäden abdecken zu können.

Cargomike Geschrieben am 24 Juli 2008



Dabei seit
15 Februar 2008
28 Beiträge
Hallo Günther,
selbstverständlich kannst Du Deinen Anspruch direkt bei Deinem Spediteur geltend machen. Sprich einfach mit Deinem Dienstleister und berichte ihm von Deiner SB.
Wir haben auch etliche Kunden, deren Schadenrechnungen wir direkt bekommen und dann nach ADSp regulieren.
Im Übrigen ist ein Gespräch mit Deinem Versicherer sinnvoll, dass dieser die Differenz zwischen Anspruch und Regulierungsbetrag - also nach ADSp - übernimmt. Es kommt natürlich darauf an, wieviele Schäden Du im Laufe eines Jahres hast. Ein Versuch ist es immer Wert.

Gruss
Mike

RD Geschrieben am 29 Juli 2008



Dabei seit
15 April 2005
402 Beiträge
hallo zusammen,

dem beitrag von tim_s. muß ich rechtgeben. wird ein innerdeutscher transport von beiden vertragspartnern auf grundlage der adsp vereinbart, so greifen diese auch. ganz gleich wann die letzte revision war.

was ihr generell nicht vergessen dürft - zumindestens macht es gerade den anschein, als ob das hier vermischt wird: haftungsebene vs versicherungsebene. das sind 2 paar schuhe. wenn der spediteur ware beschädigt oder verliert, haftet er dafür. danach stellt sich die frage, ob dieser schaden vor der versicherung als bagatellschaden dargestellt werden kann, oder nicht. wenn ja, so ist es das einfachste, dem spediteur eine schadensrechnung zukommen zu lassen und sich diese begleichen lassen. wenn nein, so hat der spediteur seine versicherung zu kontaktieren, welche dann mit der des absenders spricht. so schließt sich der kreis.

grüsse, RD

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