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Präferentieller Ursprung Gesamtbetrachtungsweise


Außenhandel und Zoll: Tipps und Tricks für eine erfolgreiche Abwicklung im internationalen Handel. Unser Forum Außenhandel und Zoll, allgemeine Themen, behandelt Fragen wie, welche Rolle spielen Zollformalitäten beim Außenhandel? Wie läuft die Zollabfertigung beim Außenhandel ab? Welche Dokumente sind im Außenhandel für die Zollabfertigung erforderlich? Welche Rolle spielen Freihandelsabkommen im Außenhandel?


jaudy Geschrieben am 21 Juli 2014



Dabei seit
20 September 2013
4 Beiträge
Hallo Zusammen,

mein Endprodukt besteht aus zugekauften Bauteilen die ich in meinem Betrieb zusammenbaue. Der Großteil der zugekauften Bauteile ist Vormaterial ohne Ursprung. Jedoch verbaue ich grundsätzlich auch Kaufteile mit präferentiellem Ursprung in der EU was ich auch mit Lieferantenerklärungen nachweisen kann.

Meine Wertschöpfung ist ausreichend um die Werteregeln zu erfüllen. Jedoch bin ich mir im Punkto Minimalbehandlung nicht ganz sicher.


Artikel 6 (2) des Ursprungsprotokolls der EU mit KR besagt folgendes:

"Bei der Beurteilung, ob die an einem Erzeugnis vorgenommenen Be- oder Verarbeitungen als nicht ausreichend im Sinne des Absatzes 1 gelten, sind alle in einer Vertragspartei an diesem Erzeugnis vorgenommenen Be- oder Verarbeitungen insgesamt in Betracht zu ziehen."

Lege ich den Artikel folgendermaßen richtig aus? :

Sobald ich Vormaterial mit präferentiellem Ursprung in mein Endprodukt verbaue, wurde das Endprodukt automatisch "mehr als minimal" be- oder verarbeitet und ich kann, unter Beachtung der Listenregel, einen Präferenznachweis erstellen.

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Der_Staufer Geschrieben am 21 Juli 2014



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979 Beiträge
Richtig.

dedoko Geschrieben am 21 Juli 2014



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10 Juni 2013
7 Beiträge
Prüfschema:

1. vollständig gewonnen oder hergestellt;
oder
mehr als nur minimal behandelt;
2. Strengere Ursprungsregeln der Verarbeitungsliste des Anhangs II Prot.3
- Positionswechsel;
-doppelter Positionswechsel;
-Wertklauseln;
3. Algemeine Toleranz

Zu deiner Frage:
Punkt 2 und 3 darfst du erst dann prüfen, wenn eine Minimalbehandlung vorliegt. Nach dem Gesamtbetrachtungs-prinzip des Art. 7 (2), bedeutet, dass alle in der EU an einem Erzeugnis vorgenommenen Be- und Verarbeitungen insgesamt in Betracht zu ziehen sind.
Ergebnis:
In der EU wurden nicht nur zwei Teile zu einem vollständigen Artikel zusammengefügt, sondern es wurde viel mehr gemacht (dein produkt, geistige Leistung erbracht, geschultes Personal eingesetzt....)
Immer , wenn ein Vormaterial mit nachgewiesenem Ursprung EU eingesetzt wird, aufgrund der Gesamtbetrachtungsweise die Be und Verarbeitung als mehr als nur minimal qualifizirt werden kann.(dafür brauchst du auch die Lieferantenerklärungen mit präfer. Ursprungseigenschaft)

jaudy Geschrieben am 22 Juli 2014



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20 September 2013
4 Beiträge
Vielen Dank für die bisherigen Antworten!

Wie sieht es dann mit dem nichtpräferenziellen Warenursprung nach Art. 24 ZK aus?
Es muss ja nicht unbedingt heißen, dass ich aufgrund der Nutzung von Vormaterial mit präferenziellem Ursprung automatisch auch den nichtpräferenziellen (deutschen) Ursprung erreiche? Gibt es in diesem Bereich diese Gesamtbetrachtung?

Grenzbeispiel:

Aus chinesischem Stahl(90%) einfach zusammengeschraubte Baugruppe (Schrauben mit präf. Ursprung in der EU).

Präf.-Ursprung: Vormaterial mit präf. Ursprung (Schrauben) liegt vor -> Gesamtbetrachtung -> Listenregel erreicht -> EU

Nichtpräf.-Ursprung: Nur Minimalbehandlung, Wert- und mengenmäßig überwiegt China-Ware-> China

Somit würde ich auf chinesische Ursprungsware Präferenz geben?

dedoko Geschrieben am 22 Juli 2014



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10 Juni 2013
7 Beiträge
Der Nachweis der prferniellen Ursprung ist freiwillig und keine Voraussetzung für die Einfuhr einer Ware. Du wirst einfach keinen ermäßigten Zollsatz oder zollfrei erreichen.

Der Nachwies des nicht präfernziellen/ handelspolitischen Ursprung (Art.24 ZK) ist im Empfangsland eine zwingende Vorraussetzung.

Die sog."Gesamtbetrachtungsweise" ist einen Auslegungs-Begriff bei der Feststellung, ob eine Minimalbechandlung stattgefunden hat.....und immer in einen Zusammenhang mit präf. Uprsprung.

Den nicht präf. Ursprung erwirbt eine Ware :
1.Art 23 ZK, in dem Land in dem sie gewonnen oder hergestellt worden ist;

2.Art.24 ZK, Eine Ware, an deren Herstellung zwei oder mehrere Länder beteiligt waren, ist
Ursprungsware des Landes, in dem sie der letzten wesentlichen und wirtschaftlich
gerechtfertigten Be- oder Verarbeitung unterzogen worden ist,

3.Art.41 ZK, Zubehör und Ersatzteile sowie Werkzeugausstattungen,


Diese Frage "Somit würde ich auf chinesische Ursprungsware Präferenz geben?" verstehe ich nicht.

Grüße

jaudy Geschrieben am 23 Juli 2014



Dabei seit
20 September 2013
4 Beiträge
Hallo dedoko,

meine Frage bezieht sich auf das obenstehende Beispiel:

Nach der Gesamtbetrachtungsweise habe ich mehr als eine Minimalbehandlung an meinem Endprodukt durchgeführt, weil ich Schrauben mit präferenziellem Ursprung in der EU verwendet habe. Ich könnte somit eine Ursprungserklärung auf die Rechnung drucken.

Rechtfertigt dies jedoch auch den nichtpräferenziellen deutschen Ursprung nach Art. 24 ZK? Schließlich habe ich lediglich eine Minimalbehandlung (einfaches Zusammenfügen von chinesischen Bauteilen) durchgeführt.

Wenn nicht, hätte ich damit ein Endprodukt mit chinesischem nichtpräf. Ursprung, welches ich mit (präf.)Ursprungserklärung exportiere. Dies wäre m. E. ein großer Widerspruch.

Ich hoffe hiermit mein "Dilemma" verständlicher dargestellt zu haben.

dedoko Geschrieben am 23 Juli 2014



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7 Beiträge
Hallo jaudy,

einige Fragen an dich:

1. Was ist dein End-Produkt? Schrauben, Bauteile???

2. Was ist dein Vorhaben? Möchtest du exportieren? Wohin?

waldorf Geschrieben am 23 Juli 2014



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23 Juli 2007
1705 Beiträge
Hallo dedoko,
die Gesamtbetrachtungsweise im Präferenzrecht bedeutet nicht, dass mehr als eine der im Katalog aufgeführten Minimalbehandlungen in der Summe keine mehr ist. Das Zusammentreffen von zwei oder mehr Minimalbehandlungen bleibt eine Minimalbehandlung, das steht so explizit drin.

Wenn du präferenzrechtlich mehr als eine Minimalbehandlung hast, hast du auch nicht-präferenziell eine (obwohl streng genommen die in Art. 38 ZKDVO genannten Minimalbehandlungen 38 sich nur auf Textilien/ Bekleidung beziehen). Prüf, ob du die Kriterien des Art. 24 ZK erfüllst: letzte wesentliche Be-/Verarbeitung, in einem dafür eingerichteten Betrieb, zur Herstellung einer neuen Ware oder eine bedeutende Herstellungsstufe ?

MatthiasPreisinger Geschrieben am 14 August 2014



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11 Beiträge
Hallo zusammen,

ausgehend von der Fragestellung bewegen wir uns ausschließlich im Abkommen EU mit der Republik Korea.

Wichtig erscheint mir, dass die Regelungen des präferenziellen und nicht-präferenziellen Ursprungs hierbei (und auch sonst) nicht vermischt werden dürfen. Es handelt sich um zwei völlig unterschiedliche Rechtsgebiete.

Die Gesamtbetrachtungsweise ist (nur) beim präferenziellen Ursprung in den Abkommen unter der Überschrift "Nicht ausreichende Be-oder Verarbeitungen (auch als Minimalbehandlung bezeichnet) immer im Absatz 2 des jeweiligen Artikels geregelt. Zunächst ist in Absatz 1 aufgelistet, welche Be- oder Verarbeitungen als nicht ausreichend zu verstehen sind.

Siehe z. B.: Auszug aus Artikel 6 des hier relevanten Abkommens EU-Korea:

"Nicht ausreichende Be- oder Verarbeitungen

(1) Unbeschadet des Absatzes 2 gelten folgende Be- oder Verarbeitungen ohne Rücksicht darauf, ob die Bedingungen des Artikels 5 erfüllt sind, als nicht ausreichend, um die Ursprungseigenschaft zu verleihen:
a) Behandlungen, die dazu bestimmt sind, die Erzeugnisse während des Transports oder der Lagerung in ihrem Zustand zu erhalten;
b) Umverpacken, Teilen oder Zusammenstellen von Packstücken; (...)"

Im Gegensatz dazu findet man beim nicht-präferenziellen Ursprung, der in den Artikeln 22 folgende Zollkodex (ZK) geregelt ist, keine entsprechenden oder ähnlichen Rechtsnormen, die die "Gesamtbetrachtungsweise" beschreiben.

An dieser Stelle sind die Ursprungsregeln des nicht-präferenziellen Ursprungs insofern - wie noch gezeigt wird - als strenger anzusehen.

Vor der Beurteilung der Nicht- ausreichenden Be- oder Verarbeitung wird zunächst geprüft, ob die Waren gemäß Art. 4 vollständig gewonnen oder erzeugt worden sind. Ist dies der Fall, wird der Ursprung schon an dieser Stelle zuerkannt und eine weitere Prüfung erübrigt sich.

Wenn nicht, wird die nicht ausreichende Be- oder Verarbeitung nach Artikel 6 geprüft.

Diese Prüfung läuft so ab, dass man zunächst beurteilt, ob die an einer Ware durchgeführten Be- oder Verarbeitungen unter den "Katalog" nach Absatz 1 einzuordnen sind.

Ist dies der Fall, bleibt man hier hängen, d. h. die Be- oder Verarbeitungen sind als nicht ausreichend zu betrachten.
Nun kommt Absatz 2 mit seiner Gesamtbetrachtungsweise zum Ansatz, der sozusagen einen Ausstieg aus der schon festgestellten Minimalbehandlung bedeuten kann.

Bei der Gesamtbetrachtungsweise werden auf diesen Fall bezogen, alle in der EU oder in der Republik Korea an dem fraglichen Erzeugnis vorgenommenen Be- oder Verarbeitungen insgesamt in Betracht gezogen.

Dies bedeutet, dass nach dem Wortlaut der Vorschrift "alle ...", eine sehr enge Auslegung erfolgen kann/darf.
Auch sehr geringe, eindeutig nachgewiesene Vorerzeugnisse mit Ursprung aus den beiden Vertragsparteien müssen/können dabei berücksichtigt werden (z. B. ein kleiner Aufkleber mit nachgewiesenem Ursprung EU oder Republik Korea im Wert von 0,001 Euro).
Dies bietet natürlich großartige (legale) Gestaltungsmöglichkeiten um aus der Minimalbehandlung wieder herauszukommen.

Aus der Minimalbehandlung herausgekommen bedeutet jedoch noch nicht, dass es sich bei der fraglichen Ware auch um ein Ursprungserzeugnis handelt.

Hierzu muss weiter geprüft werden und die "ausreichende Be- oder Verarbeitung" gem. Artikel 6 positiv ausfallen.
Auch hierbei ergeben sich abhängig von der Ware und anderen Faktoren mitunter zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten um letztendlich zum Ursprung zu kommen.

Diese Gestaltungsmöglichkeiten sind beim nicht-präferenziellen Ursprung erheblich eingeschränkt (es gibt nicht die sog. Baugruppenkalkulation und wie bereits angeführt auch keinen Ausstieg aus der Minimalbehandlung).

Diese Betrachtungsweise wird durch Artikel 25 ZK unterstützt. Dort heißt es:

"Eine Be- oder Verarbeitung, bei der festgestellt worden ist oder bei der die festgestellten Tatsachen
die Vermutung rechtfertigen
, daß sie nur die Umgehung von Bestimmungen bezweckt, die in der Gemeinschaft
für Waren bestimmter Länder gelten, kann den so erzeugten Waren keinesfalls im Sinne
des Artikel 24 die Eigenschaft von Ursprungswaren des Be- oder Verarbeitungslandes verleihen."

Eine solche ursprungsbedrohliche Regelung sucht man beim präferenziellen Ursprung in den Abkommen vergeblich.

M. E. sind die Regelungen des nicht-präferenziellen Ursprungs deshalb als strenger anzusehen. Die bisherige, landläufige Meinung, der präferenzielle Ursprung sei schwerer zu erreichen als der nicht-präferenzielle Ursprung lässt sich in den meisten Fällen damit widerlegen.

Bedenklich finde ich es, wenn generell oder aufgrund dieser "landläufigen Meinung" präferenzielle Lieferantenerklärungen zur Begründung bzw. zum Nachweis des nicht-präferenziellen Ursprungs herangezogen werden.
Zum einen handelt es sich, wie bereits erwähnt und gezeigt um völlig unterschiedliche Rechtsgebiete.
Zum anderen lässt sich beim präferenziellen Ursprung keine, für den nicht-präferenziellen Ursprung notwendige Aussage und ein Nachweis über den Ursprung eines Mitgliedstaates der EU treffen.

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