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Präferenzregelung - Export türkischer Ware in die Schweiz


Warenursprung und Präferenzen: Wichtige Faktoren für die Berechnung von Zöllen und Steuern im internationalen Handel. Unser Forum Warenursprung und Präferenzen behandelt Fragen wie, was ist der Warenursprung und wozu dient er? Wie wird der Warenursprung bestimmt? Welche Auswirkungen hat der Warenursprung auf die Berechnung von Zöllen und Steuern im internationalen Handel? Was ist eine Lieferantenerklärung und wozu dient sie? Was ist eine Langzeit-Lieferantenerklärungen?


Tom25 Geschrieben am 06 August 2014



Dabei seit
29 Juni 2011
14 Beiträge
Hallo zusammen,

ich habe eine Frage zur Präferenzregelung beim Export in die Schweiz.

Wir beziehen von einem deutschen Lieferanten Material mit Ursprung Türkei. Hierfür haben wir
eine LLE nach 1207/2001 vom Lieferanten vorliegen. Angekreuzt "keine Kumulierung angewendet".

Diese Ware ist für uns Handelsware und soll in die Schweiz versendet werden.

Nun meine Fragen:

1) Ist die LLE nach 1207/2001 mit "keine Kumulierung angewendet" von unserem Lieferanten so richtig?
Ich denke ja, da für mich die LLE (Türkei) nach 2006 nur zwischen dem türkischen Lieferanten und dem EU-Importeur
angewendet wird, oder?

2) Welches Präferenzpapier muss ich ausstellen? EUR.1 oder EURO-MED?
Ich bin der Meinung es geht auch eine EUR.1 da es alles Länder der "paneuropäischen Zone" sind. Ich würde dann in
Feld 2 Präferenzverkehr zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Schweiz
Feld 4 Türkei
schreiben.

Ich hoffe es kann jemand hier bestätigen bzw. mich korrigieren.

Vielen Dank schon mal!!!

CARGOFORUM PARTNER

MatthiasPreisinger Geschrieben am 07 August 2014



Dabei seit
29 Juli 2014
11 Beiträge
Hallo,


Meine rechtliche Meinung:

Zu 1.
Für Ursprungswaren aus der Türkei darf normalerweise nicht die VO 1207/2001 angewendet werden, da für diese LEen eine andere Regelung, nämlich Artikel 44 ff. (folgende) Beschluss Nr. 1/2006 des Aussschusses für Zusammenarbeit im Zollwesen EG-Türkei gilt.
Unter dem nachfolgenden Link können die entsprechenden LEen abgerufen werden:

www.zoll.de/DE/Fachthe...ungen.html

Wählen Sie auf der obigen Zollseite die LEen, die unter:

"Lieferantenerklärungen für grenzüberschreitende Warenlieferungen - Im Warenverkehr mit der Türkei (Zollunionswaren)" aufgeführt sind, aus.

In der Praxis werden für türkische Ursprungswaren nach wie vor (meiner Meinung nach unrichtig) die LEen der VO 1207/2001 verwendet.
In den meisten Fällen wird dies von der Zollverwaltung nicht beanstandet, könnte aber bei Ursprungsnachprüfungen zu Schwierigkeiten führen.
Am wichtigsten erscheint mir, dass es sich zweifelsfrei um türkische Ursprungswaren handelt. Vorsichtshalber würde ich im Laufe der Zeit die LEen des türkischen Lieferanten auf die richtigen Nachweise umstellen.

Zu 2.
Bei dieser Frage bestehen die meisten Unsicherheiten, Sie treffen hier genau ins Schwarze.

Auf der türkischen LE ist der Kumulierungsvermerk (auf der LE aus der VO 1207/2001) bei "keine Kumulierung angewendet", angekreuzt.

Was dieser Vermerk für die Ausstellung weiterer Nachweise bedeutet kann aus der VO 1207/2001, insbesondere aus den gültigen Vordrucken der Lieferantenerklärungen beantwortet werden.

Die LLE ist im Anhang II der o. g., konsolidierten VO abgedruckt. Man sollte sich im klaren sein, dass es sich bei allen zugehörigen Anhängen und Bestandteilen dieser VO um eine unmittelbar anzuwendende EU-Rechtsverordnung handelt.

Im Anhang II, in dem die LLE abgedruckt ist wird eingangs unmissverständlich vorgeschrieben, dass die LLE nach den Fußnoten zu fertigen ist. Die Fußnoten selbst müssen dabei aber nicht unbedingt abgedruckt sein.

In der Praxis ist mir noch niemand begegnet (auch kein Formularverlag) der es für notwendig erachtet, diesen Hinweis auch so auf den Formularen abzudrucken.
Deshalb liest auch kein Mensch diese Fußnoten, die eigentlich keine "billigen Fußnoten", sondern Rechtstext sind.

Die Zweifel und Unsicherheiten mit dem Kumulierungsvermerk könnten genau damit ausgeräumt werden.

Die Fußnote über den Kumulierungstext schreibt folgendes vor:

"Nur auszufüllen - falls notwendig - für Waren mit Präferenzursprungseigenschaft im Rahmen präferenzieller Handels- beziehungen mit einem der in den Artikeln 3 und 4 des jeweiligen Ursprungsprotokolls genannten Ländern, mit dem die Paneuropa-Mittelmeer-Ursprungskumulierung Anwendung findet".

Der Kumulierungsvermerk wird demnach nur ausgefüllt (ausfüllen bedeutet ankreuzen - auch keine Kumulierung...), wenn die Kumulierung auch angewendet werden soll.

Mit einem ausgefüllten Kumulierungsvermerk auf einer LE hat man meiner Meinung nach eine "LE-EURO-MED" in den Händen.

Daher dürften mit einer solchen LE auch nur EURO-MED-Nachweise im weiteren ausgestellt werden.

Es ist mir völlig klar, dass dies in der Praxis auch anders gesehen und auch anders gehandhabt wird. Gedankenlos verlangen viele ein Kreuzchen auf der LE bei: "keine Kumulierung angewendet" .

Sie haben richtig erkannt, dass auf der EUR.1 (oder EURO-MED) die Türkei als Ursprungsland unbedingt eingetragen werden muss.

Ich würde einen EURO-MED-Nachweis mit Ihrer LLE ausstellen und im Feld 4 die Türkei als Ursprungsland eintragen.

Mit der Türkei als Ursprungsland sind Sie ohnehin auf die Länder des PAN-EURO-MED-Raumes (unter Beachtung der Matrix) eingeschränkt. Mit einem EURO-MED-Nachweis hat Ihr Kunde auch mehr Möglichkeiten, da er die selbst im PAN-EURO-MED-Raum präferenzbegünstigt weiterliefern kann.

Ich hoffe, ich habe Sie mit meiner Rechtsmeinung nicht verwirrt und konnte Ihnen in dieser ausführlichen Weise weiter helfen.

Beste Grüße

waldorf Geschrieben am 08 August 2014



Dabei seit
23 Juli 2007
1705 Beiträge
Danke für die ausführliche Erklärung - die aber gleichzeitig deutlich macht, dass die Präferenzregeln inzwischen viel zu kompliziert sind, um von vielen Unternehmen überhaupt noch verstanden und umgesetzt werden zu können.

Das trifft bereits auf Unternehmen in Deutschland zu, die in Sachen Präferenz-Know-How im Vergleich mit anderen EU-Mitgliedstaaten und erst recht mit anderen Präferenzländern Spitzenklasse sind.

Ich muss die o.g. Anforderung (EUR-MED mit Kumulierung statt EUR.1, weil präferenzberechtigte Weiterlieferung) gerade Lieferanten in Tunesien und Ägypten erklären. Da herrscht völlige Ahnungslosigkeit - inkl. Zollagenten und Zollbehörden.

Chev Geschrieben am 26 November 2016



Dabei seit
10 April 2009
1477 Beiträge
Hallo nochmals an die Präferenz-Spezialisten,

bin aufgrund eines bei mir vorliegenden ähnlichen Praxisfalls auf diesen Eintrag gestoßen. Und zwar geht es mir auch nochmal um die Frage, wie es unter der o. g. Konstellation und Voraussetzung...

Zitieren::

Wir beziehen von einem deutschen Lieferanten Material mit Ursprung Türkei. Hierfür haben wir
eine LLE nach 1207/2001 vom Lieferanten vorliegen. Angekreuzt "keine Kumulierung angewendet".

...aussieht bzgl. den jeweiligen LLE's, welche hier ausgestellt werden müssen:

Zitieren::

1) Ist die LLE nach 1207/2001 mit "keine Kumulierung angewendet" von unserem Lieferanten so richtig?
Ich denke ja, da für mich die LLE (Türkei) nach 2006 nur zwischen dem türkischen Lieferanten und dem EU-Importeur
angewendet wird, oder?

Meine Fragen konkret: Welche Art von LLE stellt der EU-Importeur in D an seinen Kunden in D (mich) nun korrekter Weise aus, eine präferenzielle oder eine nicht-präferenzielle?
Wenn er eine präferenzielle LLE nach VO 1207/2001 bzw. heute nach UZK ausstellt und "keine Kumulierung angewendet" ankreuzt, wäre dieses ja eigentlich nicht korrekt, da dieses ja ausschließlich den präferenziellen EU-Ursprung bescheinigen würde. Dieser ist bei der türkischen Ware ja nicht gegeben.
Stellt er allerdings eine nicht-präferenzielle LLE aus, welches meiner Meinung nach an sich schon richtiger wäre, dann kann ich damit eigentlich dennoch nichts anfangen, da ich diese ja nicht als Grundlage für meinen Präferenznachweis beim Export die CH verwenden kann (ich brauche ja irgend ein Vorpapier, welches mir den präferenziellen Türkei-Ursprung bescheinigt).

Kann in diesem Fall eine präferenzielle LLE nach UZK mit "Kumulierung angewendet" an mich ausgestellt werden? Denn auch wenn es sich um Handelsware handelt und mein Lieferant (der EU-Importeur) die Ware somit nicht weiter bearbeitet, so wendet er doch so gesehen dennoch die Kumulierung bei der Weiterlieferung an mich an, da es sich ja um präferenzielle Ursprungsware aus der Türkei und somit um ein an der Kumulierung teilnehmendes Land handelt?
Oder sehe ich das komplett falsch und "Kumulierung angewendet" darf bei reiner Handelsware (welche in der Kette zu keiner Zeit mit weiteren Materialien "kumuliert" wurde) in den jeweiligen LLE's nicht angekreuzt werden?
Dann fallen mir jedoch keine Möglichkeiten mehr ein, wie der obige Fall korrekt abgebildet werden soll, sodass ich am Ende eine saubere Grundlage für meinen Präferenznachweis beim Export in die CH habe.

Danke euch vorab.

eaglestef Geschrieben am 27 November 2016



Dabei seit
15 September 2016
82 Beiträge
Hallo Herr Preisinger,

Ich kann Ihrer Auffassung nicht teilen. Für die Lieferung von TR nach DE/EU ist eine tr. LLE (2006/1) zu verwenden. Innerhlab der EU wird die Präferenz über die "normale" LLE (1207/2001, 2445/2015) weitergegeben. Dies gilt auch für türkische Ursprungserzeungisse.

Die hier weiter geschilderten Sachverhalte sind sehr komplex. Bitte besprecht diese im Einzelfall mit der Fachabteilingen in eurem Hauptzollamt. Der Zöllner vom Zollamt weiß so spezielle Fragen meisst nicht und auch nivht jeder Zollprüfer!

waldorf Geschrieben am 28 November 2016



Dabei seit
23 Juli 2007
1705 Beiträge
Ich stimme eaglestef insofern zu, als das man der Anwendung und Auslegung des Präferenzrechtes mal "die Kirche im Dorf lassen sollte". Ob die Weitergabe der türkischen Präferenz mittels einer LE nach UZK oder Abkommen EU-TR erfolgt, mag ja für den Formaljuristen von außerordentlicher Wichtigkeit sein, kann aber vom durchschnittlichen Vertriebs-, Export- oder gar Zollsachbearbeiter nicht mehr nachvollzogen werden. Das Ausstellen von LE/LLEs ist tägliches Massengeschäft -auch oder sogar überwiegend von klein- und mittelständischen Unternehmen- das muss auch so vom "Partner der Wirtschaft" gehandhabt werden.
Maßgeblicher politischer und wirtschaftlicher Sinn und Zweck von Präferenzregeln ist die Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung. Ich habe den Eindruck, dass gerade versucht wird, diesen Sinn mit zunehmendem Formalismus (s. auch neue Gültigkeitsregelung) zu torpedieren.

Chev Geschrieben am 28 November 2016



Dabei seit
10 April 2009
1477 Beiträge
Schließe mich hier allen, die geantwortet haben, definitiv an.

In dem Punkt, dass der Sachverhalt bzw. das Thema Präferenzen allgemein zu komplex und undurchsichtig ist, um es diskutieren oder gar anwenden zu können, stimme ich allerdings nicht voll zu. Um das Thema besser verstehen zu können, finde ich nämlich Diskussionen wie diese sehr wichtig. Darum gebe ich mich ungern geschlagen, ohne einen Lösungsansatz aus der Fragestellung zu haben.

Zusammenfassend zu dem oben aufgeführten Fall, welcher sicherlich bereits einen Sonderfall des Präferenzrechts darstellt, kann man aber unterm Strich vereinfacht sagen, dass es sich um einen Vorgang innerhalb der Pan-Euro-Med-Zone handelt.
Die Frage zu der aufgeführten Konstellation lautet unterm Strich:

Mit welchem LE-Formular und mit welchen Angaben zur Kumulierung bescheinigt ein EU-Lieferant an einen EU-Kunden, dass Handelsware mit präferenziellem Ursprung Türkei vorliegt, welche im Anschluss in ein Pan-Euro-Med-Land (hier: CH) präferenzbegünstigt weitergeliefert werden soll?

Vielleicht gibt es ja doch Antworten auf diese Frage. Das mit dem HZA aufzunehmen, ist für mich aktuell noch zu früh.

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