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Mögliche Umstrukturierungen in CH, das Ende der SBB Cargo?


Bahn und Schienengüterverkehr: Erfahrungsaustausch und Tipps für Unternehmen und Transportdienstleister. Unser Forum Bahn und Schienengüterverkehr behandelt Fragen wie, welche Möglichkeiten gibt es für den Transport von Waren per Bahn? Wieviel kostet der Transport von Waren per Bahn? Wie nachhaltig ist der Transport von Waren per Bahn? Welche Vorteile hat der Schienengüterverkehr? Welche Nachteile hat der Schienengüterverkehr? Wo finde ich einen Fahrplan für den Schienengüterverkehr?


Ajungilak Geschrieben am 06 August 2012



Dabei seit
20 Januar 2012
66 Beiträge
Hallo,

hierzu fand ich folgenden Artikel in der "Neuen Zürcher Zeitung" vom 29.7.12 (Unterschreichungen/Fettdruck von mir):

Zitieren::

Mehr unternehmerische Freiheiten
für die SBB

sda Der Bund will den SBB beim Güterverkehr mehr unternehmerische
Freiheiten gewähren. In einer Vorkonsultation misst das Bundesamt für
Verkehr (BAV) den Puls der Branche in der Frage. Der Direktor des Verbands öffentlicher Verkehr warnt vor einer weiteren Verlagerung des
Gütertransports auf die Strasse.

Das BAV hat eine neue Gesamtkonzeption für die künftige Förderung des
Schienengüterverkehrs im Flachland erarbeitet. Es hat das Papier an die
Branchenvertreter zu einer informellen Vorkonsultation verschickt, wie
BAV-Sprecherin Florence Pictet sagte. Sie bestätigte damit entsprechende
Berichte der «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche».
Zukunftsszenarien

Das 72 Seiten umfassende Papier skizziert Zukunftsszenarien etwa zur
Organisation des Schienengüterverkehrs, zu den Zielen, zur Infrastruktur
oder zur finanziellen Unterstützung durch den Bund.
Dabei geht es auch um die Zukunft des Sorgenkindes SBB Cargo. Die
Gütertransport-Sparte der SBB, die seit Jahren rote Zahlen schreibt, brauche mehr unternehmerische Freiheiten, schreibt das BAV: «Das Funktionieren des Marktes muss gewährleistet sein und den beteiligten Akteuren müssen sämtliche unternehmerische Möglichkeiten offenstehen.»
Als Möglichkeiten listet das BAV einen Spin-Off einzelner
Unternehmensbereiche, Investitionen oder die Erhöhung von Eigen- und
Fremdkapital auf. Auch ein Rückzug aus dem Markt wäre demnach nicht mehr auszuschliessen.

Warnung vor privatisierter Cargo
Unter diesen Aspekten müssten die Kernaufgaben der SBB im Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen angepasst oder neu definiert werden, schreibt das BAV. «Damit wird die Möglichkeit einer Ausgliederung des Cargo-Bereichs aus den SBB beziehungsweise einer Ausgliederung von Teilbereichen geschaffen.» Das BAV fragt konkret: «Sollen die SBB von der Verpflichtung, den Güterverkehr als Kernaufgabe betreiben zu müssen, befreit werden?»

Vor einem solchen Szenario warnt der Direktor des Verbandes öffentlicher
Verkehr (VöV): «Wir riskieren sonst, dass die dann möglicherweise
privatisierte Cargo sich ganz oder zumindest teilweise aus dem Güterverkehr zurückzieht», sagte VöV-Direktor Ueli Stückelberger im Interview mit der «SonntagsZeitung».
Der Leistungsauftrag für die SBBmit einer Erschliessungspflicht müsse
bleiben, forderte er. Denn andere Unternehmen könnten ein so breites
Angebot im Güterverkehr nicht garantieren.

die url: www.nzz.ch/aktuell/sch...1.17415135

Dieses einfach mal zur Info.

Gruß
Ajungilak

CARGOFORUM PARTNER

Privatbahner Geschrieben am 15 August 2012



Dabei seit
21 Februar 2006
46 Beiträge
Sicherlich nicht das Ende der SBB Cargo.
Wohl aber der Beginn des Endes im Wagenladungsverkehr!
Egal, ob Polen, Österreich, BeNeLux oder eben Deutschland, in JEDEM Land kränkelt es doch bei diesem Verkehrsprojekt.
Kein Wunder, so ist WLV i.d.R. deutlich unflexibler für individuelle Transportlösungen für den Kunden.
Warum?
Nun, da gäbe es gleich mehrere Gründe:
- da die einzelnen Wagen ja gebündelt und dann über einen Korridor abgefahren werden müssen, dauert der Transport deutlich länger, als mit einem LKW
- Die Kunden, die einzelne Wagen erhalten, müssen bedient werden. Ob eine Lok aber nun 3, 5 oder nur einen Wagen zum Kunden zustellt, ich habe immer eine Lok, einen Lokführer und Dieselkosten zu zahlen
- Gleisanschlüsse sind teuer im Unterhalt und bedürfen besonderer rechtlicher Anforderungen. Auch muss Infrastruktur wie Rampen oder Ladestraße vorgehalten werden, da ein Bahnwagen durch den Gleiskörper (wenn er ebenerdig steht) höher steht, als ein vergleichbarer LKW.
- Güterwagen kosten mehr, als Auflieger für LKW!

Alles in allem ziehen sich daher immer mehr Staatsbahnen vom WLV zurück.
Die DB Schenker hat schon vor Jahren vielen Kunden des WLV den "Stecker gezogen" (Stichwort Mora- C) und es kommt noch immer vor, dass Gleisanschlüsse zurück gebaut werden.
Schaut man sich die Zahlen an, ist das Ergebnis ernüchternd!
1996: 11096
2006: 4004
2010: 3700
(Quelle Wikipedia: de.wikipedia.org/wiki/...sanschluss )

Geld lässt sich im Eisenbahnsektor nunmal nicht mit (Verzeihung!) Lumpensammlern verdienen, sondern nur mit voll ausgelasteten Zügen von A nach B, idealerweise auf Langkorridoren von mindestens 400km Distanz und mehr.
Hier hat die Bahn klar Vorteile.

Nun schaut in die Schweiz! 400km? Da bist du auf dem Weg von Nord nach Süd ja schon wieder draußen!
Es geht also nur mit "Internationalisierung", wie es jede ehem. Staatsbahn im europäischen Ausland betreibt.
Und hierbei, auf dem Heimterritorium der Staatsbahn, startet dann auf einmal der Wettbewerb! Die Preise sinken in dieser Folge und die Unternehmen machen Minus.
Wie eine DB Schenker oder (bestes Beispiel!) Die SNCF, also die französische Staatsbahn mit ihren Aktivitäten unter dem Namen Captrain.
Und der französische Steuerzahler? Finanziert dieses Expansionsverhalten auch noch fleissig mit, weil die SNCF m.E. (ohne jetzt nachgeschaut zu haben) vielleicht die defizitärste Bahn in Europa ist! Auf jeden Fall aber ist sie im Feld der Spitzenreiter.

Auch in der Schweiz wird man sich hierbei so seine Gedanken machen und versuchen, dem bahnafinen Volk der Eidgenossen die schmerzliche Wahrheit lieber scheibchenweise zu präsentieren und nicht diese Radikalschnitte zu machen, wie es andere Bahnen derzeit in Europa tun.
Die Schweizer haben hier eben eine ganz andere Mentalität!
Dennoch können sie vor den Tatsachen nunmal nicht die Augen verschließen.
Und wenn sie nicht aufpassen, geraten die im europäischen Vergleich vergleichsweise kleinen Schweizer Bahnen zwischen die Mühlsteine der großen europäischen Player.
Die Schweizer als Volk müssen sich dann überlegen, ob sie die Aktivitäten einer unabhängigen Schweizer "Bundesbahn" noch tragen (und dann auch bitte finanzieren), oder ob sie die Butze zumachen bzw. ausbluten lassen oder verkaufen (siehe Swiss Air, heute Lufthansa...).

Ajungilak Geschrieben am 04 September 2012



Dabei seit
20 Januar 2012
66 Beiträge
Hallo Privatbahner,

vielen Dank für Deine diesbezüglichen Einschätzungen.

DB Schenker versucht das "kranke Pferde" Einzelwagenladungsverkehr ja zukünftig mittels den mit Netzwerkbahn verbundenen Änderungen wieder "aufzupäppeln". Hast du/habt ihr dazu evtl. eine Einschätzung?

VG
Ajungilak

Privatbahner Geschrieben am 25 September 2012



Dabei seit
21 Februar 2006
46 Beiträge
Nun, selbstverständlich könnte ich jetzt in einer Form schönsten Lobbyismus darüber herziehen. ;-)

Muss ich aber gar nicht, da kann ich nämlich viel besser mit einem Praxibeispiel aufwarten.
Zweien unserer Kunden ist das neue "Zugpferd" umfangreich vorgestellt worden. Beide haben das neue Konzept als zu unflexibel (weil durch die Bündelung im Transportlauf wertvolle Zeit verloren geht), aber vor allem als zu kostenintensiv zurückgewiesen.
Ein Kunde hat daraufhin das Ende seiner Transporte "angedroht" bekommen. Wir haben daraufhin mit dem Kunden nochmals ein Konzept aufgegriffen, welches wir bereits vor einigen Jahren mit ihm besprochen hatten.
Es sah ebenfalls eine Bündelung seiner Mengen vor. Er hatte sich seinerzeit jedoch dagegen entschieden, da die gleichen Argumente greifen.
Zu unflexibel und zu kostenintensiv.
Kein Wunder, so stellen wir als Bahn doch die gleichen Ressourcen. Ob der Kunde nun 10 Wagen transportiert, oder 20 Wagen.
Trasse (also "Maut" auf der Schiene) und Personal kosten gleich, auch Triebfahrzeuge sind in der Regel identisch (nur selten lohnt sich aufgrund geringeren Verbrauchs eine kleine Diesellok, auf Langstrecken ist eine E- Lok fast immer günstiger).

Aufgrund der nun angekündigten Umstellung hat der Kunde nun wie gesagt unser altes Konzept wieder aufgegriffen und sich mit aktuellen Frachten hierfür versorgt.
Ergebnis: Wir fahren die Verkehre ab dem nächsten Jahr!
Und dies, obwohl es sich wie gesagt nur um Wagengruppenverkehre handelt, die wir aber (mangels Verknüpfung mit anderen Verkehren) produktionsbedingt wie einen Ganzzug abwickeln müssen.

Zusammenfassend kann man also festhalten, dass durch diesen Versuch plötzlich auch wieder B- und C- Konzepte für Kunden mit Einzelwagen- bzw. Wagengruppenverkehren attraktiv werden, die bislang mangels Wirtschaftlichkeit grundsätzlich im "schwarzen Netz" abgefertigt wurden.
Ich vermag die positiven Aspekte für DB intern schwer einschätzen, aber es bleibt zu hoffen, dass die Idee am Ende des Tages für DB trotzdem aufgeht! Denn durch diese Maßnahme sieht an meinem Beispiel ja bereits, dass Kunden nicht nur über einen Wechsel nachdenken!

Ganz besonders attraktiv wird es für die Privatbahnen werden, wenn über die bestehenden Netzwerke hinaus Verkehre gemeinsam gebündelt werden.
So sind wir schon jetzt mit anderen privaten Bahnen im Gespräch, um auch unseren Beispielverkehr ggf. mit anderen Verkehrsströmen zu koppeln. Potentiale, die vorher nicht gehoben werden konnten, werden nämlich nun plötzlich attraktiv und wenn die DB nicht aufpasst, kann die "Optimierung" am Ende ein Nullsummen- oder sogar ein Verlustgeschäft werden...

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