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Lager statt Hörsaal

Studium & Weiterbildung | Dienstag, 23 Juni 2009 | 6822
24.06.2009 | Das gibt es auch noch: Alle sind zufrieden! "Es war ein absolutes Highlight im Studium", schwärmt Christian Freese. Der angehende Wirtschaftsingenieur studiert im 8. Semester am Fachbereich Produktionstechnik der Universität Bremen. "Es war rundum ein Erfolg", freut sich Dr.-Ing. Marcus Seifert, Projektleiter am Bremer Institut für Produktion und Logistik (BIBA), und auch der Industriepartner spart nicht mit Lob. "Ganz klar, wir werden die Kooperation fortsetzen", untermauert Dipl. oec. Thomas Schlätzer, Geschäftsführer der Geo. Gleistein & Sohn GmbH, seine Begeisterung. Die Rede ist von einem Lehrprojekt der Universität Bremen, das in diesen Tagen abgeschlossen wird.

Ein Festmacher ist das dicke Seil, mit dem Schiffe an den Pollern gehalten werden. Für die Abläufe in der Produktion dieses Tauwerks ist zunächst nicht die Länge, sondern das Gewicht interessant. Denn Festmacher sind hochdehnende Seile, deren Länge unter Spannung um 20 bis 25 Prozent variieren kann: Wird es belastet, kann ein 50-Meter-Seil durchaus auch mehr als 60 Meter messen. Dass sie auch das lernen würden, haben die zehn Studierenden im Lehrprojekt "Optimierte Erfassung von Materialbeständen in der Produktion durch den Einsatz von Identifikationssystemen für die Verbuchung" nicht einmal geahnt, als sie ihr Ingenieur-Studium begonnen haben.

Betrachtet man die Prozesse beim Materialaustausch zwischen Lager und Produktion eines Tauwerkherstellers, ist auch dieses Wissen wichtig. Sollen hier Lagerbestand und Verbrauch für die Produktion festgehalten werden, hat es wenig Sinn mit Längenmaßen zu operieren. Das wissen die Nachwuchsingenieure heute. Nun haben sie sich in den vergangenen sechs Monaten während des Lehrprojektes weniger mit dem Material selbst beschäftigt als viel mehr mit dessen Erfassung und seinen Wegen durch den Betrieb. Wie kann man das Material am besten elektronisch erfassen und den Verbrauch verbuchen? Wie lassen sich Stücklisten erstellen, in denen präzise festgehalten ist, welches Material für die Herstellung welchen Produktes erforderlich war? Und zwar ohne das Ausfüllen vieler Formulare und eine aufwändige, manuelle Verwaltung.

Mit den Materialflussketten hat sich das Studierenden-Team beschäftigt. Fachleute sprechen vom "Supply Chain Management". Laufen die Prozesse hier optimal, ist das ein wesentlicher Schritt hin zur so genannten "schlanken Produktion". Der Fachbegriff dafür: "Lean Manufacturing". Jedes produzierende Unternehmen, das sich am Markt behaupten will, strebt danach. So auch der Bremer Mittelständler. Mehr als 5.500 verschiedene Produkte bietet der Tauwerk-Spezialist an - unter der Marke "Gleistein Ropes" auf dem weltweiten Markt. Dieses umfassende und vielfältige Angebot lässt Rückschlüsse auf die Komplexität der Prozesse im Unternehmen zu. 2008 hatte sich ein Studenten-Team bereits mit den Abläufen im Gleistein-Lager beschäftigt und Lösungen zur Optimierung der Prozesse präsentiert. Als Folge davon wurde zum Beispiel ein Barcode-Scanner-System im Lager eingeführt, und die Materialzusammenstellungen für Kundenaufträge im Materialwirtschaftssystem des Unternehmens (Kommissionierung) werden heute automatisch verbucht. So konnten Lagerbestände, Laufwege und Zeitbedarf reduziert werden. Das Ergebnis hatte überzeugt: BIBA und Gleistein beschlossen die Fortführung der Ausbildungskooperation. Im zweiten Lehrprojekt haben die Studierenden nun Lösungen für den Materialaustausch zwischen dem Lager und der Produktion erarbeitet.

Hier liegt eines der grundsätzlichen Probleme in produzierenden Betrieben, mit dem sich die Studierenden auseinandergesetzt haben: Sind die aktuellen Bestände an Rohmaterial in der Produktion nicht genau bekannt und gibt es keine aktuelle Übersicht zu den Halb-Fertig- und Fertigprodukten in der Produktion, ist ein bedarfsgerechter Einkauf nahezu unmöglich. Zumeist wird daher mehr Material bevorratet als es wirklich erforderlich ist - sowohl im Lager als auch in der Produktion. Und weil auch der Verkauf nicht über tagesaktuelle Aufstellungen verfügt, kann er Lieferzeitpunkte schlecht ermitteln und kaum Termine garantieren. Muss er das, klappt das nicht ohne zeitintensive Inventuren.

Genau da greift das zweite Lehrprojekt. Themen waren unter anderem die Automatisierung der Verbuchungen von Materialflüssen zwischen Lager und Produktion sowie die Verbesserung der Flächennutzung und Lagerumschlagsleistung durch den Aufbau eines Kleinteilelagers. Es sollten auch ein Konzept für die Erweiterung des Barcode-Scanner-Systems auf die Ein- und Umlagerung von Waren erstellt werden und Benutzerhandbücher. Außerdem stand die Konzeptionierung von Mitarbeiterschulungen auf dem Programm. Das ist ein anständig großes Aufgabenpaket, das ein Studenten-Team erst einmal erschreckt, wie es im Berufsalltag von Ingenieuren aber gang und gäbe ist.

Mit Unterstützung auch durch die Gleistein-Belegschaft zu ungeahnten Erkenntnissen

Vom Wareneingang bis hin zum Versand - entsprechend ihrem Auftrag haben die Studierenden analysiert, Fragestellungen entwickelt, Lösungsvorschläge erarbeitet und bei Gleistein für Arbeit gesorgt. So habe das Team zum Beispiel den Software-Entwickler ganz gut in Atem gehalten, erzählt Dipl.-Wi.-Ing. Stefan Wiesner. Der Wissenschaftler aus dem BIBA-Bereich "Informations- und kommunikationstechnische Anwendungen in der Produktion" hat die Studierenden betreut. Der IT-Fachmann habe die Ideen der Studierenden für eine Erweiterung der Scanner-Software geduldig umgesetzt, sagt Wiesner. Mit dem Projektverlauf ist er höchst zufrieden: "Wir haben keinen Erfolg vorgeschrieben und auch keine bahnbrechenden Neuerungen erwartet. Sinn und vorrangiges Ziel war es, die Studierenden an die Praxis heranzuführen und ihnen Optionen zu eröffnen." Dass das Team diese Chance nun so erfolgreich ergriffen habe, freue ihn natürlich. "Alle haben sich mutig auf Neues eingelassen, und mit der tollen Unterstützung durch die Gleistein-Belegschaft hat es auch viel schaffen können. Sie hat den Studierenden ein großes Vertrauen entgegengebracht."

Einen ganz anderen Aspekt sieht Christian Freese, der Sprecher des Studenten-Teams. "Auch Gruppen-Arbeit will gelernt sein. Es ist nicht leicht, eine so umfassende Aufgabe in so kurzer Zeit in einem so großen Team erfolgreich zu bewältigen. Damit alles möglichst gut läuft, muss man sich schon der ein oder anderen Auseinandersetzung stellen", sagt er, und dass dieses Projekt auch da ein gutes Testfeld geboten habe. "Wir haben alle dazugewonnen - eben auch, was die Sozial- und die Konfliktlösungskompetenz betrifft. Die Unterstützung durch die Wissenschaftler und das Unternehmen war ausgezeichnet, wir konnten theoretische Kenntnisse in die Praxis umsetzen, wurden ernst genommen, hatten viele Freiheiten und auch viel Spaß", sagt Freese. Von den Aha-Effekten aus dieser Zeit werde er noch lange profitieren.

In das allgemeine Klagen über den Mangel an qualifiziertem Nachwuchs stimmt Gleistein-Geschäftsführer Thomas Schlätzer nicht ein. "Wir können doch selbst etwas dafür tun, auch künftig über gut ausgebildete Kräfte zu verfügen. Wir sehen hier eine Verantwortung", sagt er. Das Engagement des Unternehmens auch in diesem Lehrprojekt stützt seine Aussage. Natürlich sei es ein erheblicher Aufwand und es fordere auch die Belegschaft, die eigentlich mit dem Tagesgeschäft schon gut ausgelastet sei. "Aber insgesamt war es doch ein Geben und Nehmen. Ich denke, beide Seiten haben viel dazu gelernt." Solche Kooperationen böten auch immer die Chance, nach neuen Mitarbeitern Ausschau zu halten, meint er noch. Auch Schlätzer möchte die Zusammenarbeit fortsetzen. Die Planungen für das dritte Lehrprojekt laufen schon.

Quelle: IDW

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