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Zur Mithaftung des Absenders wegen fehlender Info an den Frachtführer


jarre Geschrieben am 07 Dezember 2015



Dabei seit
17 Oktober 2014
111 Beiträge
Die Entladung des Frachtgutes durch den Unterfrachtführer ohne Absprache mit dem Hauptfrachtführer hat auf den Hauptfrachtvertrag grundsätzlich keinen Einfluss.

Die Mitverursachung des eingetretenen Schadens durch den Absender ist (nur dann) zu verneinen, wenn die von ihm zuerst gesetzte Ursache von völlig ungeordneter Bedeutung ist, weil das spätere Verhalten des Frachtführer dem Geschehen eine völlig neue Wendung gegeben hat.


Dies hat der BGH mit Urteil vom 17. September 2015 – I Z R 212/13 entschieden.

Folgendes war geschehen:

Die klagende Absenderin hatte das beklagte Transportunternehmen mit dem Transport von 35 gebrauchten PKW nach Libyen zu fixen Kosten von 29.000,00 EUR beauftragt, welches seinerseits ein drittes Unternehmen als Unterfrachtführerin mit dem Transport beauftragte. Die Wagen wurden in Containern per Zug nach Triest verbracht, wo sie am 02.06.2012 eingeschifft und eine Woche später im Hafen von Misurata/Libyen ankommen sollten.

Am 04.06.2012 bat die Unterfrachtführerin der Beklagten um das genaue Alter der einzelnen Fahrzeuge, da sie soeben erfahren habe, dass aufgrund der libyschen Einfuhrstimmungen keine PKWs dorthin eingeführt werden dürfen, die älter als vier Jahre sind. Die Beklagte bestand weiter auf die Auslieferung der PKW, während die Unterfrachtführerin dem entgegenhielt, dass dies aufgrund der libyschen Einfuhrbestimmungen nicht möglich sei. Am 12.06.2012 ließ die Unterfrachtführerin ohne Rücksprache mit der Beklagten die PKW bei einem planmäßigen Zwischenstopp in Gioia Tauro/Süditalien entladen und bat weiter um Mitteilung des Alters der einzelnen PKW. Die Beklagte teilte mit, dass ihr dies nicht bekannt sei.

Der weitere Verbleib der PKW ist ungeklärt.

Der Klage der Absenderin auf Rückzahlung von 29.000,00 EUR und weiterer Nebenforderungen gab das Landgericht statt. Die Berufung der Beklagten und ihre nun erhobene Widerklage auf Feststellung, dass die Klägerin sie von Ansprüchen der Unterfrachtführerin wegen fehlender Importfähigkeit der Fahrzeuge freizustellen habe, hat das Oberlandesgericht im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe es während des Zeitraums eines Monats unterlassen, Weisungen von der Absenderin zu erlangen, hierin liege die Ursache für die Nichtdurchführung des Transportes. Auf die Frage der Importfähigkeit der PKW sei es daher vorliegend gar nicht angekommen

Die vom BGH zugelassene Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das OLG.

Die Entladung des Frachtguts durch die Unterfrachtführerin, so der BGH, habe nicht zur Beendigung des Hauptfrachtvertrages nach § 419 Abs. 3 Satz 5 HGB geführt; etwas anderes hätte nur gelten können, wenn die Entladung auf Veranlassung der Beklagten erfolgt wäre. Wenn der vom Hauptfrachtführer beauftragte Unterfrachtführer die von ihm begonnene Beförderung beende, stehe es dem Hauptfrachtführer grundsätzlich frei, die Beförderung selbst oder durch einen anderen Unterfrachtführer fortzusetzen.

Zu Unrecht habe das OLG den Einwand der Beklagten zum Mitverschulden der klagenden Absenderin als unerheblich angesehen. An einem Mitverschulden der Klägerin hätte es allenfalls dann fehlen können, wenn die von ihr zuerst gesetzte Ursache (fehlende Information zum Alter des PKW bei Auftragserteilung) hinter die von der Beklagten später gesetzte Ursache (fehlende Einholung von Weisungen über einen Monat hinweg) deshalb völlig zurückträte, weil durch die später gesetzte Ursache das Geschehen eine völlig neue Wendung genommen hat. Hiervon könne vorliegend jedoch nicht ohne weiteres ausgegangen werden.

Eine Mitverursachung des Schadens durch den Absender liege vor, wenn der Schaden darauf beruht, dass der Absender dem Frachtführer zu dem Gut nicht die Angaben gemacht hat, die dieser für die Durchführung der Beförderung benötige. Hierzu zählten auch Angaben zu Umständen, die am Bestimmungsort zu Schwierigkeiten wie einer behördlichen Inanspruchnahme führen können, wenn diese Umstände für den Frachtführer nicht offenkundig sind. Das OLG werde zu prüfen haben, ob es für die Beklagte offenkundig war, dass das Alter der zu transportierenden PKW Probleme bei der Einfuhr bereiten könnte.

Fazit: Ein unscheinbares Detail – Alter der zu transportierenden PKW – führte vorliegend zum Scheitern des Auftrags – und zu gegenseitigen Schuldzuweisungen sowie vermutlich zum Ende der Geschäftsbeziehungen zwischen den Beteiligten. Fraglich bleibt – gerade beim Transport in ein Land, dass seit Jahren unsicheres Krisengebiet ist – , ob dieses Detail nicht vorher hätte geklärt werden können.

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