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Verantwortung für die von den Zollbehörden getroffenen Entscheidungen


Agrus Geschrieben am 07 September 2016



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07 September 2016
11 Beiträge
Hallo zusammen,
bräuchte Hilfe/Rat/Aufklärung...

Ein Zollgut (T1) kommt aus USA über Flughafen in unser Lager. Der USA-Kunde beauftragt einen Spediteur, der die Ware am Deutschen Flughafen abholt und Versandverfahren T1 ab Flughafen eröffnet. Wir sind die Empfänger der Ware + Zugelassene Empfänger. Das T1 wird von uns via ATLAS-System gestellt. Bei Ankunft des LKWs wird eine Ankunftsanzeige via ATLAS an das ZA geschickt und erst nach dem Entladeerlaubnis vom ZA die Zollplombe vom LKW entfernt. In der Regel passiert es innerhalb von 5 bis 15 Minuten. Wenn das ZA die Ladung prüfen will, kommt die Freigabe vom ZA nicht bis die Kontrolle durchgeführt ist. Oder mit großer Verzögerung. Manchmal passiert es so, dass ein LKW deswegen über Nacht bei uns bleiben soll, da kein Entladeerlaubnis erhalten wurde.
Als Beispiel: Zuständige Zollstelle hat die Öffnungszeiten bis 16:00 Uhr, unser Büro bis 18:00 Uhr. LKW kam um 16:30 Uhr, die Entladeerlaubnis (ohne Kontrolle) wurde erst um 20:30 Uhr erteilt. Da unser Büro nur bis 18:00 Uhr arbeitet, wurde der LKW bis zum nächsten Morgen "zur Seite" gestellt und nicht entladen.
Wer trägt in solchen Fällen die Kosten für Standzeit und/oder Leistungsausfall?

Der Spediteur versucht die Kosten für die Standzeit und den Leistungsausfall an uns zu übertragen. Wir als (Zugelassene) Empfänger tragen aber keine Verantwortung für die von den Zollbehörden getroffenen Entscheidungen, haben auch keinen Einfluss darauf und lehnen diese Forderungen vom Spediteur ab.

Wer hat Recht?

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Chev Geschrieben am 07 September 2016



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Das hieße im Umkehrschluss, dass der Spediteur die Kosten für Standzeit/Frachtausfall an das Zollamt berechnen soll? :-)
Denn irgendjemand muss ja diese Kosten tragen, da die Prozesse nicht in der Verantwortung des Spediteurs liegen.
Bleibt unterm Strich nur noch der Vertragspartner/Auftraggeber des Spediteurs übrig, an welchen diese meiner Meinung nach berechtigten Kosten abzurechnen sind.

Um eine Entladeerlaubnis kurzfristig und im Rahmen der Öffnungszeiten des Zollamtes zu bekommen, würde ich Deadlines für die Zustellung festlegen. Bei Ware unter Zollverschluss wäre das für mich spätestens 15:30 Uhr, wenn der Zoll bis 16:00 Uhr geöffnet hat.

scs6862 Geschrieben am 08 September 2016



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200 Beiträge
Moin,

da gibt es nicht so viele Meinungen. Die gültige ist im HGB unter § 412 nachzulesen.
Urteile: AG Mannheim 10 C 65/13 vom 05.06.2013, AG Bonn 3 C 356/00 – 33 Euro / Stunde, AG Villingen 5 C 298/00 vom 08.11.2000- 66 Euro / Stunde, AG Wüpperfürth 1 C 244 / 06

Entweder gebt Ihr klare Ankunftszeiten vor Ende der Öffnungszeiten des Zollamtes an - schriftlich - oder Ihr müsst mal länger arbeiten. :-)

Aus meiner Sicht Euer Verschulden und somit korrekterweise Eure Kosten.

Agrus Geschrieben am 08 September 2016



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07 September 2016
11 Beiträge
ADSp, 12.2:
12. Leistungshindernisse, höhere Gewalt
...
12.2 Leistungshindernisse, die nicht dem Risikobereich einer Vertragspartei zuzurechnen sind, befreien die Vertragspar- teien für die Dauer der Störung und den Umfang ihrer Wirkung von den Leistungspflichten. § 412 Abs. 3 HGB bleibt unberührt. Als solche Leistungshindernisse gelten höhere Gewalt, Unruhen, kriegerische oder terroristische Akte, Streiks und Aussperrungen, behördliche Maßnahmen, Blockade von Beförderungswegen sowie sonstige unvorhersehbare, unabwendbare und schwerwiegende Ereignisse. Im Falle eines Leistungshindernisses ist jede Vertragspartei verpflichtet, die andere Partei unverzüglich zu unterrichten.

Wir stehen unter keinem Vertrag mit dem Spediteur, nur er und sein Auftraggeber.

cobra9.0 Geschrieben am 08 September 2016



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266 Beiträge
Hallo Agrus,

schau dir mal § 421 HGB an, dann kannst Du Dir die Frage selbst beantworten.

Gruß

Chev Geschrieben am 08 September 2016



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Zitieren::

12.2 Leistungshindernisse, die nicht dem Risikobereich einer Vertragspartei zuzurechnen sind,...

Zitieren::

Wir stehen unter keinem Vertrag mit dem Spediteur, nur er und sein Auftraggeber.

Es ist eigentlich ganz einfach: Ihr seid durch die Entladung des Gutes Erfüllungsgehilfe des Vertragspartners des Spediteurs.
Sollten hierbei Prozessstörungen auftreten, welche in eurem Verantwortungsbereich liegen (und das ist hier der Fall), so hat der Spediteur die Möglichkeit, entsprechende Kosten zu berechnen. Er muss sich hierzu m. E. zunächst an seinen Auftraggeber wenden müssen, da zwischen euch und dem Spediteur kein Vertragsverhältnis existiert.
Bei Verständigung zwischen euch und dem Spediteur dürfte er sicherlich die Kosten auch direkt an euch berechnen.

@Cobra:
Trifft § 421 HGB hier wirklich zu? Ich bin der Meinung, dass das nicht der Fall ist, da Agrus nicht der Frachtzahler ist.
Ich habe es so gelernt, dass die Fracht gezahlt werden muss um Rechte aus § 421 HGB geltend machen zu können...

Agrus Geschrieben am 08 September 2016



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07 September 2016
11 Beiträge
...und trotz allem, bin ich der Meinung, wir sollen keine Kosten übernehmen, da wir keine Verantwortung für die Entscheidungen des Zolls tragen. Hier würde ich mich auf 12.2 ADSp beziehen. Klare Entladezeiten wurden hier auch nicht festgelegt. Wir haben nach dem Zollrecht gehandelt. Wenn ein Spediteur ein Zollgut befördert, soll er auch damit rechnen und mit seinem beauftragten Frachtführer diesen Punkt klar absprechen und im Vertrag festhalten. Wenn er das im Vorfeld nicht gemacht hat, dann ist es auch nicht unser Schuld.

betterorange Geschrieben am 08 September 2016



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Hallo Agrus,

da möchte ich auch nicht Spediteur sein.

Wenn ich den LKW zur Entladung bereitstelle beginne ich, die Zeit zu zählen.

Für mich ist unerheblich, ob Ihr mit der Gestellung nicht zeitig hinkommt, schlieslich ist das Verfahren vo Euch so gewünscht.

Die behördlichen Massnahmen die Du aufführst, betreffen nicht die Sendungsabwicklung sondern z.B. eine Kontrolle durch Sicherheits- oder Zollbehörden im Rahmen einer allgemeinen oder Speziellen Razzia.

ggf. könnt Ihr mit dem Zoll moderieren, ob Ihr vor Eintreffen des LKW schon aktiv werden dürft.

z.B. Disponent meldet Euch, LKW trifft jetzt in 1h ein....

Vielleicht hilft das.


LG BO

scs6862 Geschrieben am 08 September 2016



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11 März 2010
200 Beiträge
Die Berufung auf 12.2 ADSP wird ins Leere laufen, da Ihr Vertragspartei seid (es ist an Euch zu liefern) und die Leistungshindernisse in Eurem Risiko- und Wissensbereich aufgetreten sind.
EURE Zollstelle hat nur bis 16.00 Uhr geöffnet.
IHR arbeitet nur bis max. 18 Uhr.
IHR habt keine rechtzeitige Anlieferung verfügt, die es ermöglicht hätte, den Vorschriften entsprechend zu entladen.
Und vermutlich seid IHR es auch, die Anlieferung auf T1 verfügt haben -sicherlich wird das der Ami nicht von sich aus verfügt haben.

cobra9.0 Geschrieben am 08 September 2016



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19 März 2012
266 Beiträge
Hallo Chev,

ja § 421 HGB trifft zu, weil Agrus offenbar der Empfänger ist und vom Frachtführer verlangt hat, ihm die Ware abzuliefern. Damit tritt er in den Frachtvertrag ein und übernimmt die Verpflichtungen daraus. Und in § 421 HGB steht u.a. das der Empfänger, ein Standgeld wegen Überschreitung der Ladezeit zu zahlen hat, wenn er die Ablieferung verlangt. Sollte sich der Empfänger dann trotzdem weigern zu zahlen, bleibt ja immer noch der Absender zur Zahlung verpflichtet.

@Agrus: Ihre Argumentation mit dem Zollrecht ist abenteuerlich. Zum einen gilt für den Frachtführer ausschließlich Frachtrecht und zum anderen hat bei weitem nicht jeder ZE eine zeitliche Einschränkung, was die Erteilung der Entladeerlaubnis angeht. Offenbar hat der Zoll individuelle Gründe ausgemacht, weshalb er Ihnen keine automatische Überlassung bewilligt hat. Dafür jemanden anderes den daraus resultierenden Mehraufwand aufhalsen zu wollen, halte ich für grenzwertig.

Aber vielleicht sollte der Frachtführer, wenn er noch einmal in den Genuss kommen sollte, Ware bei Ihnen anliefern zu müssen, gleich - wie von Ihnen ja auch selbst empfohlen - vorsichtshalber das Standgeld für 24 Stunden in die Fracht einpreisen, damit er auf der sichereren Seite ist..........

Chev Geschrieben am 08 September 2016



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10 April 2009
1477 Beiträge
Also fassen wir zusammen:

- es wurde weder vom Auftraggeber des Transportes noch vom Empfänger eine "Deadline" vorgegeben, bis wann die Ware, welche sich hier unter Zollverschluss befindet, zuzustellen ist

- die Zustellung erfolgte durch den Frachtführer somit unbewusst, als das Zollamt schon geschlossen war

- die Entladeerlaubnis kam aufgrund der Abwesenheit des Zolls nicht sofort, sondern verzögert (dieses hätte der Empfänger wissen können / müssen)

- somit liegt zwar die strukturelle Ursache in den Prozessen des Zolls, die Verantwortung trägt jedoch der Empfänger

- nach HGB § 421 hat der Empfänger durch Verlangen der Ablieferung des Gutes, Rechte aus dem Frachtvertrag geltend gemacht, wodurch Absatz 3 wirksam wird (=Zahlung des Standgeldes durch den Empfänger wegen Überschreitung der Ladezeit)


Folgender Punkt ist jedoch noch wichtig, steht ebenfalls im Absatz 3:

"Standgeld ist jedoch nur zu zahlen, wenn dem Empfänger der geschuldete Betrag bei Ablieferung des Gutes mitgeteilt worden ist."
--> Falls das nicht erfolgte, wäre das ggf. für den Empfänger noch eine "Hintertür"!?

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