Cargoforum Forum für Transport, Logistik, Spedition, Zoll und Außenhandel
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Vorteile und Nachteile des Incoterm exW


INCOTERMS: Klarheit und Transparenz im internationalen Handel durch die richtige Anwendung der INCOTERMS 2020. Unser INCOTERMS Forum klärt Fragen wie, wann sollten Incoterms verwendet werden? Wie wähle ich die richtigen Incoterms für mein internationales Handelsgeschäft aus? Welche Rechte und Pflichten haben Käufer und Verkäufer gemäß den Incoterms? Wie vermeide ich Missverständnisse und Streitigkeiten bei der Anwendung von Incoterms? Wie werden Incoterms bei der Zollabfertigung berücksichtigt?


contractor Geschrieben am 22 Dezember 2016



Dabei seit
22 Dezember 2016
1 Beiträge
Hallo liebes Cargoforum,

folgendes Problem: Es wird mit unseren Kunden aus DE, EU und Drittland der Incoterm exw vereinbart, manchmal auch frei Haus aber eher selten. Die bestellte Ware wird durch unseren Kontraktlogistiker abgewickelt. Dieser kämpft derzeit mit den vielen verschiedenen Kundenanforderungen die durch den Incoterm exW zustande kommen richtig? Schließlich organisiert ja der Kunde den Transport. So möchte der eine den Paketdienst xy der andere den Paketdienst xx, der Spediteur wird einmal bei 5 Paketen beauftragt und ein anderes mal ab 8, die 1000000 verschiedenen Spediteuere der Kunden müssen jedes mal über deren Portale/Websites benachrichtigt bzw. angemeldet werden..... .

Grundsätzlich kommt bei mir die Frage auf ob der Incoterm exw zum bestehenden Geschäft passt.
Warum vereinbare ich den Incoterm exw? Um Transportkosten und Risiken auf den Käufer abzuwälzen, habe dafür aber hohe Betriebskosten, langsamere Abläufe und weniger Transparenz?

Ich möchte wissen ab/bis wann der Incoterm exw sinnvoll ist. Kann ich dem Incoterm exw beifügen das wir entscheiden welcher Paketdienst bzw. Spediteur verwendet werden soll? Oder sollte man einen ganz anderen Incoterm vereinbaren wie z.B. FCA oder eine C- Klausel?

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Cargoblog Geschrieben am 22 Dezember 2016



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01 März 2011
195 Beiträge
Mir ist nicht ganz klar aus wessen Sicht Du das ganze betrachtest. Seid Ihr Logistikdienstleister, Kurierdienst, Industrieunternehmen? Du schreibst "unsere Kunden in DE", wer seid ihr was genau macht ihr und wo sitzt ihr? Gib mal mehr Hintergrundinfos.

Chev Geschrieben am 22 Dezember 2016



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10 April 2009
1477 Beiträge
Hallo Contractor,

ich möchte mal anfangen, deinen Beitrag etwas auseinander zu nehmen, während ich mich bei Cargoblog gleichzeitig entschuldige, dass ich die Antworten auf seine Fragen nicht abgewartet habe :-)

Denn so wie ich es verstehe, bist du ein Händler oder produzierendes Unternehmen. Ihr lasst die Warenausgänge über einen Logistiker abwickeln, habt so gesehen also ein Lager bei einem externen Dienstleister (hoffe, ich liege richtig).

1.
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Dieser kämpft derzeit mit den vielen verschiedenen Kundenanforderungen die durch den Incoterm exW zustande kommen richtig?

Ich finde, EXW ist ein relativ transparenter Incoterm, welcher im Prinzip grob gesagt bedeutet, dass die Ware an einem definierten Ort verladebereit zur Verfügung gestellt wird. Ab diesem Punkt trägt der Verkäufer weder Kosten noch Transportrisiken. Abwicklung (inkl. Zoll) & Beauftragung des Spediteurs ist Sache des Käufers.

2.
Zitieren::

So möchte der eine den Paketdienst xy der andere den Paketdienst xx, der Spediteur wird einmal bei 5 Paketen beauftragt und ein anderes mal ab 8, die 1000000 verschiedenen Spediteuere der Kunden müssen jedes mal über deren Portale/Websites benachrichtigt bzw. angemeldet werden.....

Da stimme ich dir zu. Die Struktur kann schnell unübersichtlich und komplex werden, bei vielen Kunden und unterschiedlichen Abwicklungen.

3.
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Grundsätzlich kommt bei mir die Frage auf ob der Incoterm exw zum bestehenden Geschäft passt.

Ja, er passt. Da scheinbar viele deiner Kunden die Beschaffungslogistik selbst in die Hand nehmen, ist EXW ein probates Mittel in den entsprechenden Kaufverträgen/Kundenaufträgen.

4.
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Warum vereinbare ich den Incoterm exw?

Wahrscheinlich, weil es dein Kunde so möchte und es dein Vertrieb so mit ihm ausgehandelt hat.

5.
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Um Transportkosten und Risiken auf den Käufer abzuwälzen, habe dafür aber hohe Betriebskosten, langsamere Abläufe und weniger Transparenz?

Jeder Incoterm hat seine Vor- und Nachteile. Du hast bereits einige genannt. Ich sehe ebenfalls folgende Nachteile:

- Kontrollverlust
- Komplexität / erhöhter Kommunikations- & Erfassungsaufwand
- Evtl. verzögerte Abnahme der Ware (dadurch ggf. Verzögerung der Umsatzrealisierung)
- Evtl. erschwerte Sendungsverfolgung
- Evtl. erschwerte Umsatzsteuernachweisführung
- ...

6.
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Ich möchte wissen ab/bis wann der Incoterm exw sinnvoll ist

Schwer zu sagen. Siehe oben - Punkt 2, grenzt zumindest an diese Frage an. Dort, wo es zu aufwändig und komplex wird, würde ich mit dem Kunden in Verhandlung gehen und ggf. auf C-Klauseln oder DAP umstellen, um wieder einen Teil der "Gewalt" hinsichtlich der Distribution zurück zu gewinnen.

7.
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Kann ich dem Incoterm exw beifügen das wir entscheiden welcher Paketdienst bzw. Spediteur verwendet werden soll?

Grundsätzlich trifft der Kunde die Entscheidung. Aber theoretisch wäre es natürlich zwischen dir und deinem Kunden verhandelbar, dass ein Dienstleister beauftragt wird, welcher beiden Parteien "zusagt". Man darf hier sicherlich Vorschläge ggü. dem Kunden äußern. Das Problem liegt allerdings darin, dass er evtl. nur einige, wenige ggf. fest-vertragliche und somit vorgegebene Dienstleister für seine Beschaffungslogistik einsetzen möchte.

8.
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Oder sollte man einen ganz anderen Incoterm vereinbaren wie z.B. FCA oder eine C- Klausel?

Siehe meine Antwort zu Punkt 6. Um selbst entscheiden und steuern zu können, sehe ich nur Möglichkeiten über C-Klauseln oder über DAP.

Hoffe, ich konnte helfen.

Greetz

MagNet-99 Geschrieben am 29 Dezember 2016



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2708 Beiträge
Hallo,

ich möchte auf drei Punkte eingehen:

1. EXW oder FCA
Bei EXW schuldet der Käufer die Verladung. Stellen wir uns das mal praktisch vor. Der Käufer sendet den Spediteur seiner Wahl an Euren Kontraklogistiker. Der zeigt dem LKW-Fahrer die Ware auf einer Bereitstellfläche und sagt 'Bitteschön'. Was passiert dann ? Damit der Fahrer in die Halle darf bekommt er eine initiale Arbeitssicherheitsunterweisung, eine Unterweisung für das Flurförderzeug das zur Verfügung gestellt wird, einen Fahrauftrag für das Flurförderzeug, seine persönliche Schutzausrüstung wird geprüft (mind. Sicherheitschuhe). Dann noch eine Unterweisung für die Bedienung der Überladebrücke und schon kann es losgehen. Damit es in der Schnittstelle keine Probleme bei Beschädigung an den Anlagen und FFZ des Kontraktlogistikers gibt, überwacht ein MA des Kontraktlogistikers die Verladung. Vorab wurde der LKW-Fahrer vom Käufer auf die Spezifika der Ware geschult, z.B. was er stapeln darf und was nicht......

Ihr denkt ich habe einen Knall ? Nein, genauso müsste es laufen wenn uns Themen wie Arbeitsschutz nicht egal sind. Ich möchte hier nur verdeutlichen, das FCA der bessere Incoterm ist anstatt EXW.
EXW taugt mE nur für Projekt- oder Maschinenverladungen wo es ggf. wirklich Sinn machen kann, den Incoterm zu verwenden. Hier kann beim Kaufvertrag die geschickte Wahl des Incoterms nochmal einen deutlichen Kostenvorteil für denjenigen sein, der sich durchsetzt.

2. "Kosten und Risiken auf den Käufer abwälzen"
Wir dürfen mE nur über das Risiko sprechen. Die Transportkosten sind entweder im Kaufpreis eingepreist (DAP) oder liegen beimm Käufer (FCA).

3. Break even 'ab/bis wann der Incoterm EXW sinnvoll ist'
Darauf kann es mE keine einfache Antwort geben. Viele Argumente sind hier bereits genannt. Für mich ist erstmal das Gesamtvolumen interessant, das versendet wird. Kann ich meine Transporte gebündelt, ggf. nach Relationen oder Verkehrsträgern vergeben, dann kann ich über den geschickten Einkauf zusätzlich Kosten senken und damit meinen Ertrag verbessern. Ggf. kann das aber mein Kunde noch besser, da er große Mengen einkauft.

Die Prozesssicht ist ebenfalls interessant. Bei DAP kann ich meinen Warenausgang steuern und optimal auslasten. Bei EXW/FCA interessieren den abholenden Kunden die vereinbarten Abholzeiten meist wenig und selbst Verladezeitfenster werden nicht eingehalten. Da steht die Warenausgangcrew überspitzt stundenlang nur rum und dann überschlägt sich auf einmal alles. Ich muss also entscheiden ob ich selbst steuern möchte, das kann ich bei DAP besser als bei EXW/FCA.

Gruss
MagNet-99

Chev Geschrieben am 31 Dezember 2016



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Hallo MagNet,

ich stimme dir in allen Punkten zu. Dass das EXW-Geschäft so, wie von dir im Punkt 1 beschrieben, umgesetzt wird, sollte in der Praxis aber eher selten vorkommen. Die Praxis sieht aus genau diesen genannten Sachverhalten (welche einen nicht mehr zu vertretenden zeitlichen Aufwand bedeuten würden) vor, dass die Verladung durch den Verkäufer erfolgt - während der Käufer bei EXW aber dennoch das Risiko dafür trägt. Dieses ist eine gängige Abwandlung und führt nicht dazu, dass EXW deswegen "unbrauchbar" wird. Der Verkäufer wird immer Versuchen, EXW statt FCA mit dem Kunden zu vereinbaren.
Unterm Strich trifft FCA "Verladeort" aber besser zu. Hier ist von Anfang an klar, dass die Durchführung und das Risiko der Verladung beim Verkäufer angesiedelt ist. Ich kenne Firmen, welche darum nicht mehr EXW, sondern ausschließlich FCA verwenden und ich kenne Firmen, welche auf EXW beharren und FCA nur in seltenen Fällen - bei Organisation des Vorlaufes (z. B. FCA Hamburg, FCA Frankfurt) verwenden. Dies muss jeder für sich selbst entscheiden.

Und noch zum Einsatz des Fahrers:
Nicht immer sitzt dieser tatenlos in seinem Fahrzeug und wartet auf Vollendung der Verladung durch den Verkäufer. Häufig ist hier ein Zusammenwirken zu erkennen. Paletten werden durch das Verladepersonal des Verkäufers mit Flurförderzeugen auf die Ladefläche des Fahrzeugs häufig "nur" abgestellt. Der Fahrer verlädt, verstaut und sichert diese letztendlich und wird hier somit aktiv eingebunden. Dies würde er wahrscheinlich auch bei FCA tun, weswegen dann die "Verlade-Regelung" bei FCA der Theorie nach hier ebenfalls nur z. T. eingehalten werden würde.

Man dreht sich also bei dieser Diskussion etwas im Kreis, weswegen ich behaupten würde, dass beide Incoterms bei "Abholgeschäften" grundsätzlich immer anwendbar sind.

MagNet-99 Geschrieben am 02 Januar 2017



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2708 Beiträge
Chev wrote:
Hallo MagNet,Die Praxis sieht aus genau diesen genannten Sachverhalten (welche einen nicht mehr zu vertretenden zeitlichen Aufwand bedeuten würden) vor, dass die Verladung durch den Verkäufer erfolgt - während der Käufer bei EXW aber dennoch das Risiko dafür trägt.
Hi Chev, der zeitliche Aufwand, gleichgesetzt mit Kosten, ist unbestritten. Das der Käufer das Risiko auf sich nimmt wenn der Verkäufer nach Incoterm quasi als sein unentgeltlicher Erfüllungshilfe agiert, mag ich bezweifeln. Wenn bei EXW der Verlader des Kontraktlogistikers (wie hier im Beispiel) eine Palette umschmeisst oder den LKW des Frachtführers beschädigt, so wird sich der Käufer trotz EXW da wohl kaum etwas von annehmen.

Chev wrote:
Dieses ist eine gängige Abwandlung und führt nicht dazu, dass EXW deswegen "unbrauchbar" wird. Der Verkäufer wird immer Versuchen, EXW statt FCA mit dem Kunden zu vereinbaren.
Aber warum denn ? Bleiben wir beim Beispiel: Würde denn der Verkäufer auf die Idee kommen, FCA mit höheren Kosten zu bewerten, als EXW ? Also Kaufpreis bei EXW z.B. 1.000,- EUR, Kaufpreis bei FCA 1.100,- EUR ? Sofern das kein ERP-System gem. den Voreinstellungen automatisch tut, mag ich das bezweifeln. Da lasse ich mich aber gerne eines besseren belehren. Ich bin immer wieder erschrocken wie wenig Incoterms und ihre Auswirkung bei Ein- und Verkäufern bekannt sind. Meistens wird mit Incoterms gearbeitet, die aus alter Tradition schon immer verwendet werden....

Chev wrote:
Unterm Strich trifft FCA "Verladeort" aber besser zu.

Natürlich Incoterm immer mit Angabe Verladeort verwenden, das hatte ich vorausgesetzt.

Chev wrote:
Und noch zum Einsatz des Fahrers:
Nicht immer sitzt dieser tatenlos in seinem Fahrzeug und wartet auf Vollendung der Verladung durch den Verkäufer. Häufig ist hier ein Zusammenwirken zu erkennen. Paletten werden durch das Verladepersonal des Verkäufers mit Flurförderzeugen auf die Ladefläche des Fahrzeugs häufig "nur" abgestellt. Der Fahrer verlädt, verstaut und sichert diese letztendlich und wird hier somit aktiv eingebunden. Dies würde er wahrscheinlich auch bei FCA tun, weswegen dann die "Verlade-Regelung" bei FCA der Theorie nach hier ebenfalls nur z. T. eingehalten werden würde.

Hmmmm.....ja, das ist im 'Handelsbrauch' so. Es gibt Fahrer die gerne mit anfassen, aus den verschiedensten Gründen, aber es werden sicher auch viele zur Beladung oder Mithilfe bei der Beladung gezwungen. Dabei kommt der Fahrer rechtlich erst wieder in der Schnittstelle Ladungssicherung dazu. Dieses ganze Thema kann aus meiner Sicht aber nur als Grund dafür dienen, das die Kosten-Differenz EXW zu FCA im Kaufgeschäft meistens wenig spürbar ist.

Gruss
MagNet-99

Chev Geschrieben am 02 Januar 2017



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Das der Käufer das Risiko auf sich nimmt wenn der Verkäufer nach Incoterm quasi als sein unentgeltlicher Erfüllungshilfe agiert, mag ich bezweifeln.

Streng genommen ist es aber so. Wenn bei EXW der Verkäufer die Verladung übernimmt, dann geschieht das im Risikobereich des Käufers (Haftungsübergang erfolgt vor der Verladung!). Der Verkäufer hat hier nur eine Sorgfaltspflicht,
z. B. ausgebildetes Verladepersonal stellen, nicht grob fahrlässig handeln,...

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Wenn bei EXW der Verlader des Kontraktlogistikers (wie hier im Beispiel)
a) eine Palette umschmeisst oder
b) den LKW des Frachtführers beschädigt,
so wird sich der Käufer trotz EXW da wohl kaum etwas von annehmen.

zu a): er wird es vorerst nicht annehmen - muss er aber :-) Es sei denn, er weist nach, dass der Verlader fahrlässig gehandelt hat.

zu b): das ist meiner Meinung nach schon wieder ein ganz anderes Thema. Das wird man in der Tat nicht auf den Kunden abwälzen können. Ich denke, der Frachtführer wird hier direkt mit dem Verursacher in Kontakt treten - letzterer sollte für solche Fälle eine Betriebshaftpflichtversicherung besitzen, welche dann eintritt.

MagNet-99 Geschrieben am 03 Januar 2017



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2708 Beiträge
Hi Chev,

ich denke wir sind jetzt dicht beeinander und die Argumente zum Thema sind ausgetauscht. Ich habe leider keinen Zugriff auf Rechtsurteilsdatenbanken, würde sonst aber gerne mal recherchieren, was es so an Urteilen dazu gegeben hat...

Mal sehen was der ursprüngliche Threadersteller zu unseren Antworten sagt ;-)

Gruss
MagNet-99

Jannko90 Geschrieben am 17 Juni 2017



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17 Juni 2017
2 Beiträge
Hey Leute,

dieser Thread ist zwar schon etwas älter, aber ich möchte hier trotzdem nochmal rumwühlen.

In unserer Firma werden hochwertige Maschinen mit EXW eingekauft.
Bei diesen Maschinen geht es schon in die Millionenbeträge.

Meine Frage: Wenn es bei der Maschinenverladung zu einer Beschädigung kommt, welche weder fahrlässig, noch anderweitig zustande gekommen ist, welche Rolle spielt dann die Versicherung des Käufers?

Nach den genannten Beiträgen ist bei der Verladung der Gefahrenübergang auf den Käufer gesprungen. Haftet dann die Transportversicherung des Käufers, ist das von Fall zu Fall (Versicherungspolice) anders, oder wie ist hier die Rechtslage?

Freue mich auf eure Rückmeldungen.

Bis dahin noch ein schönes Restwochenende!!


Gruß
Jannko90

Chev Geschrieben am 17 Juni 2017



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1477 Beiträge
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Meine Frage: Wenn es bei der Maschinenverladung zu einer Beschädigung kommt, welche weder fahrlässig, noch anderweitig zustande gekommen ist, welche Rolle spielt dann die Versicherung des Käufers?

Generell geschieht bei EXW bereits die Verladung im Risikobereich des Käufers - auch, wenn der Verkäufer die Verladung physisch durchführt. Hat der Verkäufer dabei sorgfältig gehandelt, liegt die Gefahrtragung somit beim Käufer.
Der Verkäufer hat Anspruch auf Zahlung, da er nach EXW seine Lieferverpflichtung bereits mit dem "Bereitstellen" der Ware erfüllt hatte.

Zitieren::

Haftet dann die Transportversicherung des Käufers, ist das von Fall zu Fall (Versicherungspolice) anders, oder wie ist hier die Rechtslage?

Die Transportversicherung, sofern sie hierfür mit dem dargestellten Umfang (inkl. Verladung beim Verkäufer) abgeschlossen wurde, wird zunächst einen Sachverständigen beauftragen und prüfen, ob der Verkäufer sorgfältig gehandelt hat und wie hoch die Schadenssumme ist. Im Rahmen des Versicherungsumfangs wird der Schaden dann ersetzt.

Aus meiner Sicht wäre wichtig:
Verlädt der Verkäufer bzw. wirkt dieser bei der Verladung mit (was ja in der Praxis in gefühlt 99% aller Fälle vorkommt), dann würde ich mit ihm auch FCA als Incoterm vereinbaren. Hier würde dann die Gefahrtragung für die Verladung noch in seinem Risikobereich bleiben. Im Rahmen der Verladung entstandene Schäden hat dieser dann zu ersetzen.

eaglestef Geschrieben am 27 Juni 2017



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15 September 2016
82 Beiträge
Mir ist klar, dass es einen großen Unterschied zwischen Theorie und Praxis gibt.

In dem Incotermbuch wird sogar davon abgeraten EXW im internationalen Geschäft zu vereinbaren. Gleiches gilt übrigens für DAP. Solange nichts passiert, ist alles gut. Aber was ist, wenn es bei einem Verladen zum Schaden kommt.Viel schlimmer noch, wenn sich jemand beim Verladen verletzt. Dann werden sehr viele unangenehme Fragen gestellt. Das ist oft das erste mal, das jemand drauf schaut, dass das Verladen Sache des Käufers ist. Dann freuen sich aber Berater und Anwälte :)

Noch ein Hinweis. Wenn man aus einem Drittland Ware mit EXW bezieht, dann heißt das eigentlich auch Zollanmeldung machen (und sich i.d.R. steuerlich registrieren lassen). Schon mal probiert, eine Zollanmeldung in China abzugeben? Mir ist klar, dass das in der Praxis anders gemacht wird.

Gleiches gilt, wenn die Ware mit EXW in die Schweiz versendet wird. Der Schweizer muss dann in Deutschland die Ausfuhrzollanmeldung abgeben. Naja und ein Schweizer kann nicht als Ausführer auftreten. Also gibt der Spediteur des Schweizer eine Zollanmeldung ab mit eurer EORI Nummer und ihr seid dann auch Ausführer. Aber wie bekommt Ihr dann den Ausgangsvermerk, zwecks steuerfreier Ausfuhr?

EXW ist nur auf den ersten Blick die einfache Lösung. Entweder wird EXW anders abgewickelt (wie FCA), aber dann kann ich auch gleich FCA vereinbaren. Oder man lebt EXW, dann kann man die Produktion allerdings einstellen.

PS. DDP ist auch ein sehr schlechter Incterm bei Importen. Klingt vermeintlich schön, ist es aber nicht ...

Chev Geschrieben am 27 Juni 2017



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10 April 2009
1477 Beiträge
Stimme weitestgehend zu, möchte aber gerne noch ein paar Punkte aufgreifen:

Der Incoterm EXW ist eigentlich nicht "unbrauchbar", er wird nur halt selten in seiner Definition zu 100% eingehalten.
Dennoch besteht ein Unterschied zu FCA, weshalb eben viele scheinbar auf EXW beharren und nicht auf FCA umstellen.

Zitieren::

Viel schlimmer noch, wenn sich jemand beim Verladen verletzt.

Das wäre durchaus ein Problem, hat aber nichts mehr mit dem vereinbartem Incoterm zu tun. Das ist dann ein Thema für die BG und geht dann in die Klärung von sicherheitstechnischen Fragen.
Der Incoterm regelt "nur" den Kosten- & Gefahrenübergang des Geschäftes - bezieht sich also auf den Warentransport, nicht jedoch auf Personenschäden.

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Also gibt der Spediteur des Schweizer eine Zollanmeldung ab mit eurer EORI Nummer und ihr seid dann auch Ausführer.

Geschieht das ohne Zustimmung/Vollmacht des Verkäufers, dann handelt der Spediteur aber in eigenem Namen und auf eigene Rechnung und wird so selbst zum Ausführer.

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Aber wie bekommt Ihr dann den Ausgangsvermerk, zwecks steuerfreier Ausfuhr?

Vom Spediteur :-) Bzw. als Ersatznachweis die "Ausfuhrbescheinigung".
Oder einfacher: Ausfuhranmeldungen immer als Exporteur selbst erstellen - auch bei EXW (Regelfall, auch wenn es der Definition von EXW nicht entspricht)

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