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Allgemeine Toleranz


Warenursprung und Präferenzen: Wichtige Faktoren für die Berechnung von Zöllen und Steuern im internationalen Handel. Unser Forum Warenursprung und Präferenzen behandelt Fragen wie, was ist der Warenursprung und wozu dient er? Wie wird der Warenursprung bestimmt? Welche Auswirkungen hat der Warenursprung auf die Berechnung von Zöllen und Steuern im internationalen Handel? Was ist eine Lieferantenerklärung und wozu dient sie? Was ist eine Langzeit-Lieferantenerklärungen?


Zanna91 Geschrieben am 31 Januar 2021



Dabei seit
18 November 2014
181 Beiträge
Hallo zusammen,

könnt ihr mir bitte erklären wie das zu verstehen ist:
Zitieren::

Bei Verarbeitungsklauseln (z.B. Positionswechsel) besteht jedoch in den meisten Ursprungsprotokollen eine als allgemeine Toleranz bezeichnete Regelung. Danach können VoU bis zu einem bestimmten, in Prozent angegebenen Wert auch ohne Einhaltung der Bedingungen der Verarbeitungsliste ursprungsunschädlich eingesetzt werden. Der Gesamtwert dieser VoU darf 10 Prozent beziehungsweise in einigen Abkommen, wie beispielsweise im Warenverkehr mit den SADC-Staaten, 15 Prozent des Ab-Werk-Preises des Erzeugnisses nicht überschreiten.

Beispiel:

VoU
Japan
Position: 8414
Wert: 150 Euro

VoU
USA
Position: 8418
Wert: 50 Euro

VmU
Wert: 200 Euro

Erzeugnis:
Export in die CH
Position: 8418
Wert: 500 Euro

Wie wird die Allgemeine Toleranz rechnerisch ermittelt?

Danke!

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Erzi4 Geschrieben am 31 Januar 2021



Dabei seit
02 Dezember 2008
488 Beiträge
Hallo Zanna,

für Erzeugnisse der Position 8418 gibt es für die Schweiz zwei alternative Ursprungsregeln. Die einfachere Regel aus Spalte 4 lautet „Herstellen, bei dem der Wert aller verwendeten Vormaterialien 25 v. H. des Ab-Werk-Preises der hergestellten Ware nicht überschreitet.“ Bei dieser reinen Wertregel spielt die Toleranzklausel keine Rolle. Der ab-Werk Preis des hergestellten Erzeugnisses ist in Deinem Beispiel 500 Euro (wir nehmen hier einfach mal an, dass Du mit „Wert“ tatsächlich den ab-Werk Preis gemeint hat). Der zulässige Gesamtwert der VoU wäre hier also 125 Euro. Der Gesamtwert der VoU beträgt nach Deinem Beispiel jedoch 200 Euro. Die Regel aus Spalte 4 ist daher nicht erfüllt.

Bleibt noch die Ursprungsregel aus Spalte 3. Diese ist etwas umfangreicher und lautet: „Herstellen aus Vormaterialien jeder Position, ausgenommen aus Vormaterialien derselben Position wie die hergestellte Ware, bei dem der Wert aller verwendeten Vormaterialien 40 v. H. des Ab-Werk-Preises der hergestellten Ware nicht überschreitet und bei dem der Wert aller verwendeten Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft den Wert aller verwendeten Vormaterialien mit Ursprungseigenschaft nicht überschreitet.“ Wir haben hier also drei Bedingungen, die alle erfüllt sein müssen, damit das Erzeugnis Ursprungsware ist.

Schauen wir zuerst auf die dritte Bedingung: der Wert aller verwendeten Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft darf den Wert aller verwendeten Vormaterialien mit Ursprungseigenschaft nicht überschreiten. Diese Bedingung ist in Deinem Beispiel erfüllt, denn der Wert der VoU beträgt 200 Euro und überschreitet den Wert der VmU (ebenfalls 200 Euro) nicht.

Nun zur zweiten Bedingung: der Wert aller verwendeten Vormaterialien überschreitet nicht 40 v. H. des Ab-Werk-Preises der hergestellten Ware. 40% von 500 Euro sind 200 Euro. Das ist auch exakt der Wert der VoU. Die Wertgrenze wird nicht überschritten, die Bedingung ist also ebenfalls erfüllt, wenn auch denkbar knapp.

Zuletzt die erste Bedingung: Herstellen aus Vormaterialien jeder Position, ausgenommen aus Vormaterialien derselben Position wie die hergestellte Ware. Die VoU aus USA werden in die Position 8418 eingereiht, genau wie das hergestellte Erzeugnis. Die Bedingung ist also nicht erfüllt. Demnach wäre das hergestellte Erzeugnis keine Ursprungsware, da alle drei Bedingungen erfüllt sein müssen. Hier hat man jetzt aber noch eine letzte Chance über die Toleranzregel. Für die Schweiz lautet die Regel:
„Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft, die nach den in der Liste in Anhang II genannten Bedingungen nicht bei der Herstellung eines Erzeugnisses verwendet werden sollten, können ... dennoch verwendet werden, wenn
a) ihr Gesamtwert 10 v. H. des Ab-Werk-Preises des Erzeugnisses nicht überschreitet;
b) die in der Liste aufgeführten Vomhundertsätze für den höchsten zulässigen Wert von Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft durch die Anwendung dieses Absatzes nicht überschritten werden.
Dieser Absatz gilt nicht für Erzeugnisse der Kapitel 50 bis 63 des Harmonisierten Systems.“

Der Wert der VoU aus den USA liegt bei genau 10% des ab-Werk Preises. Der höchstens zulässige Wert wird nicht überschritten (das haben wir ja schon bei Bedingung zwei ausgerechnet) und es handelt sich nicht um ein Erzeugnis der Kapitel 50 bis 63. Durch Anwendung der Toleranzregel können wir hier also ignorieren, dass die erste Bedingung der Listenregel eigentlich nicht erfüllt ist. Im Ergebnis ist das Erzeugnis also in dem vorliegenden Beispiel Ursprungsware!

Ich hoffe sehr, dass Du die Frage gestellt hast, weil Du die Systematik verstehen wolltest und nicht, um den den Lösungsweg für eine Prüfungsaufgabe frei Haus zu bekommen!

Saludos
Erzi4


Zuletzt bearbeitet von Erzi4 am 01 Feb 2021 - 14:00, insgesamt einmal bearbeitet

Chev Geschrieben am 01 Februar 2021



Dabei seit
10 April 2009
1477 Beiträge
Das sieht mir aber sehr nach einer Prüfungsfrage aus :-)

Die Anwendung der Spalte 3 mit dem von Erzi beschriebenen "Tarifsprung/Positionswechsel" - ggf. unter Nutzung der Toleranzregel - setzt allerdings immer voraus, dass sämtliche Vormaterialien im Erzeugnis auch korrekt eintarifiert sind. Kann ich nicht alle Vormaterialien in meiner Stückliste immer korrekt/100% sicher eintarifieren, würde ich generelle die Finger von Spalte 3 lassen, da diese oft den Tarifsprung als Nebenbedingung hat. Spalte 3 mit Tarifsprung und die Toleranzregel wenden wir bei uns in der Firma nur selten an.

Zanna91 Geschrieben am 01 Februar 2021



Dabei seit
18 November 2014
181 Beiträge
Erzi4 wrote:
Hallo Zanna,

Zuletzt die erste Bedingung: Herstellen aus Vormaterialien jeder Position, ausgenommen aus Vormaterialien derselben Position wie die hergestellte Ware. Die VoU aus USA werden in die Position 8418 eingereiht, genau wie das hergestellte Erzeugnis. Die Bedingung ist also nicht erfüllt. Demnach wäre das hergestellte Erzeugnis keine Ursprungsware, da alle drei Bedingungen erfüllt sein müssen. Hier hat man jetzt aber noch eine letzte Chance über die Toleranzregel. Für die Schweiz lautet die Regel:
„Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft, die nach den in der Liste in Anhang II genannten Bedingungen nicht bei der Herstellung eines Erzeugnisses verwendet werden sollten, können ... dennoch verwendet werden, wenn
a) ihr Gesamtwert 10 v. H. des Ab-Werk-Preises des Erzeugnisses nicht überschreitet;
b) die in der Liste aufgeführten Vomhundertsätze für den höchsten zulässigen Wert von Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft durch die Anwendung dieses Absatzes nicht überschritten werden.
Dieser Absatz gilt nicht für Erzeugnisse der Kapitel 50 bis 63 des Harmonisierten Systems.“

Der Wert der VoU aus den USA liegt bei genau 10% des ab-Werk Preises. Der höchstens zulässige Wert wird nicht überschritten (das haben wir ja schon bei Bedingung zwei ausgerechnet) und es handelt sich nicht um ein Erzeugnis der Kapitel 50 bis 63. Durch Anwendung der Toleranzregel können wir hier also ignorieren, dass die erste Bedingung der Listenregel eigentlich nicht erfüllt ist. Im Ergebnis ist das Erzeugnis also in dem vorliegenden Beispiel Ursprungsware!

Ich hoffe sehr, dass Du die Frage gestellt hast, weil Du die Systematik verstehen wolltest und nicht, um den den Lösungsweg für eine Prüfungsaufgabe frei Haus zu bekommen!

Saludos
Erzi4

Hallo Erzi4,

Vielen vielen Dank für Deine Hilfe.
Es geht um keine Prüfungsaufgabe :D , ich hatte mir nur diese Seite www.zoll.de/DE/Fachthe...Doc=295842 gelesen, aber die Ermittlung der
allgemeinen Toleranz war mir irgendwie unklar. :)

Danke nochmal!

Zanna91 Geschrieben am 01 Februar 2021



Dabei seit
18 November 2014
181 Beiträge
Chev wrote:
Das sieht mir aber sehr nach einer Prüfungsfrage aus :-)

Die Anwendung der Spalte 3 mit dem von Erzi beschriebenen "Tarifsprung/Positionswechsel" - ggf. unter Nutzung der Toleranzregel - setzt allerdings immer voraus, dass sämtliche Vormaterialien im Erzeugnis auch korrekt eintarifiert sind. Kann ich nicht alle Vormaterialien in meiner Stückliste immer korrekt/100% sicher eintarifieren, würde ich generelle die Finger von Spalte 3 lassen, da diese oft den Tarifsprung als Nebenbedingung hat. Spalte 3 mit Tarifsprung und die Toleranzregel wenden wir bei uns in der Firma nur selten an.

Danke Chev für deinen Rat! :)

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