28. Deutscher Logistik-Kongress in Berlin eröffnet
Logistik & Forschung | Donnerstag, 20 Oktober 2011 | 2248
19.10.2011 | Unter dem Motto "Flexibel - sicher - nachhaltig" hat am heutigen Mittwoch der 28. Deutsche Logistik-Kongress der Bundesvereinigung Logistik (BVL) in Berlin begonnen. Drei Tage lang werden sich die Teilnehmer aus Industrie, Handel, den Logistikdienstleistungen und der Wissenschaft über grundsätzliche Themen der Logistik und aktuelle Fragestellungen austauschen. Erwartet werden Gäste aus rund 40 Ländern weltweit. Der Vorsitzende des Vorstands der BVL, Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner, ging in seiner Eröffnungsrede auf die aktuellen wirtschafts-, währungs- und finanzpolitischen Entwicklungen ein. "Neben Fakten spielen derzeit Emotionen eine große Rolle", so Klinkner. Auffällig sei, dass die Erwartungen der deutschen Wirtschaft für die nächsten zwölf Monate insbesondere bei Industrie und Handel schon seit einem Jahr verhaltener angegeben werden - ohne dass die Lage sich im Zeitablauf verschlechtere. Er bezog sich dabei auf den jedes Quartal von der Bundesvereinigung Logistik veröffentlichten Logistik-Indikator. "Die Logistik in Deutschland erfreute sich ein knappes Jahr lang einer besonders positiven Konjunktur", fuhr Klinkner fort. "Diese ist nicht gebrochen, aber sie erfordert jetzt besonders sensibles Agieren." Robuste und flexible Lieferketten sowie Wachsamkeit gegenüber den globalen Entwicklungen seien die richtigen Werkzeuge.
Konjunkturelle Lage und Ausblick
Die BVL sieht angesichts der Daten und Fakten keinen Grund, ihre gemeinsam mit der Arbeitsgruppe für Supply Chain Services in Nürnberg im April veröffentlichte Prognose zu korrigieren. Der Umsatz des Wirtschaftsbereichs Logistik dürfte sich 2011 bei 220 Milliarden Euro bewegen. Damit wird 2011 das bisherige Rekordjahr 2008 übertreffen, als der Umsatz bei 218 Milliarden Euro lag. Die Beschäftigtenzahl dürfte sich bei rund 2,8 Millionen bewegen.
Für 2012 ist ein weiteres - wenn auch gedämpftes - Wachstum sowohl beim Umsatz als auch bei den Beschäftigten wahrscheinlich. Eine genauere Prognose ist jedoch schwierig, da die Entwicklung im Wirtschaftsbereich Logistik gekoppelt ist an die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Szenarien zwischen 220 und 230 Milliarden Umsatz erscheinen für 2012 realistisch sowie eine weitere Zunahme der Beschäftigtenzahl um rund 50.000.
Arbeitsmarkt: Fachkräftemangel als Erfolgsrisiko
Ein Risiko für weiteres Wachstum und unternehmerischen Erfolg, das im derzeitigen Krisenszenario häufig wenig Beachtung findet, kommt allerdings gerade aus dem Bereich Human Resources. Eine Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen der BVL im Sommer 2011 ergab folgende Ergebnisse:
Derzeit haben 75 Prozent der im Bereich Logistik tätigen Unternehmen Schwierigkeiten, offene Stellen adäquat zu besetzen. 73 Prozent der Befragten erwarten für die Zukunft durch den Fachkräftemangel bedingte Einbußen.
Arbeitnehmer mit praktischer Berufsausbildung werden ebenso umworben wie Akademiker: 26 Prozent der von der BVL befragten Unternehmen gaben an, nicht genügend Fahrer und Zusteller zu finden, auch Fachkräfte mit kaufmännischer oder technischer Ausbildung sind gesucht. Die Stellenangebote im höher qualifizierten Segment reichen vom Speditionsleiter über den Lagerleiter bis hin zum Logistikleiter. Gesucht sind Ingenieure, IT-Experten und Betriebswirte mit Schwerpunkt Supply Chain Management. Die Bereiche Einkauf und Produktion suchen ebenso Top-Logistiker wie die "klassischen" Funktionen Vertrieb und Distribution. Die Unternehmen sagen selbst: Die interessanten Karrieremöglichkeiten in der Logistik sind zu wenig bekannt. Für junge Menschen oder Quereinsteiger stehen Tätigkeiten in diesem Bereich häufig nicht im Fokus ihrer Überlegungen.
"Magisches Dreieck"
Raimund Klinkner stellte in der Pressekonferenz ferner den strategischen Ansatz eines "Magischen Dreiecks" für die Logistik vor: die Wechselwirkungen zwischen Flexibilität, Sicherheit und Nachhaltigkeit. Wie sind Unternehmen auf ein Welthandelswachstum in volatilen Märkten vorbereitet? Wie können sie an den steigenden Bedarfen der BRIC-Staaten partizipieren? Wie sichern sich Unternehmen gegen Finanzmarktkrisen ab? Welche Ressourcen werden an welcher Stelle optimal eingesetzt? Es geht um die Vermeidung von überflüssigen Warenströmen, die Optimierung von Tourenplänen, bestmögliche Flächennutzung, ressourcenschonende Technologien oder sensiblen Mitarbeitereinsatz.
Die Bewältigung immer neuer Herausforderungen - zum Beispiel durch steigende Sicherheitsanforderungen - setze ein hohes Qualifikationsniveau der Mitarbeiter voraus, um die Individualisierung von Produkten und Dienstleistungen, unternehmensübergreifende Kooperationen und die insgesamt steigende Komplexität von Prozessen zu bewältigen und dabei wirtschaftlich erfolgreich zu sein.
"Die drei aktuellen Handlungsmaximen stehen also miteinander in Wechselwirkung und bedürfen langfristig einer ausgewogenen Koordination. Unternehmen und Logistikabteilungen, die konsequent ganzheitlich an die Aufgabenstellungen herangehen, dürften regelmäßig auf der Erfolgsspur sein", so Klinkner.