Blockchain-Lab: Blockchain in der Logistik
»Wenn die Leute Blockchain hören, denken viele nur an den Zahlungsverkehr und Bitcoins. Doch das Potential der Technologie liegt vor allem im Bereich der Nachvollziehbarkeit von Prozessen«, sagt Prof. Dr. Gilbert Fridgen vom Fraunhofer FIT, der Vertreter aus Wirtschaft und Industrie in Workshops mit Blockchain vertraut macht.
Vor einem Jahr hat das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informations-technik FIT das Blockchain-Lab eröffnet. Die Kunden kommen aus allen Bereichen der Wirtschaft. Sie wollen wissen: Was ist dran an dem Hype um die neue Technologie? Und was bedeutet sie für mein Geschäftsfeld? Die Fraunhofer-Experten klären auf, identifizieren Anwendungsfälle und entwickeln Prototypen.
Dezentrale Datenbank
Eine Blockchain ist eine Art dezentrale Datenbank. Jeder Blockchain-Teilnehmer speichert die komplette Datenbank auf seinem Rechner. Werden neue Daten hinzugefügt, wird die Blockchain überall aktualisiert. »Weil jeder Teilnehmer eine aktuelle Kopie der Datenbank hat, ist sie kaum manipulierbar«, erklärt Prof. Wolfgang Prinz, stellvertretender Institutsleiter des Fraunhofer FIT. Noch sicherer macht die Datenbank, dass jeder Datenblock mit dem nächsten kryptografisch verknüpft ist. Würde jemand versuchen, Inhalte der Blockchain zu ändern, würde dies sofort von allen anderen Teilnehmern erkannt.
In einer Blockchain lässt sich jeder Schritt eines Prozesses mit allen dazugehörigen Daten sicher und irreversibel festhalten – ideal beispielsweise für die unternehmensinterne Dokumentation. »Revisionen könnten wesentlich schneller, einfacher und kostengünstiger vonstattengehen, wenn alle prüfungsrelevanten Dokumente in eine Blockchain eingeschrieben würden«, sagt Fridgen. Denn aus ihr ginge zweifelsfrei hervor, wer was wann wie getan habe. »Hier haben eigentlich alle unsere Workshop-Teilnehmer aufgehorcht. Vor allem in stark regulierten Branchen geht der Aufwand für Revisionen häufig in die Millionen.«
Vereinfachung des weltweiten Warenhandels
Auch zahlreiche Geschäftsprozesse lassen sich mit Blockchain-Lösungen gut umsetzen. So haben die Experten des Blockchain-Lab einen Prototyp für die Abwicklung des weltweiten Warenhandels entwickelt. Damit kann jeder Schritt des Geschäfts sicher, transparent und nachvollziehbar dokumentiert werden – von der Auftragserteilung bis hin zur Warenlieferung. Bisher garantieren Banken als vertrauensbildende Instanzen über Ländergrenzen hinweg, dass die Handelspartner zahlungskräftig sind und ihre vertraglichen Pflichten erfüllen. »In Zukunft könnte unsere Blockchain-Lösung diese Rolle übernehmen.« Generell sei Blockchain insbesondere für Unternehmen interessant, deren Geschäftsmodelle auf Vertrauenspositionen basieren. »Ersetzen kann Blockchain Banken, Notare oder Wirtschaftsprüfer noch nicht. Die Technologie bietet aber gerade in diesem Bereich viel Potential«, sagt Prinz.
Auch für Anbieter von Online-Handelsplattformen ist Blockchain eine Herausforderung. Denn mit der neuen Technologie ließen sich sichere Transaktionen zwischen Käufer und Verkäufer direkt abwickeln – ohne zusätzlichen Schutz durch den Plattformbetreiber. »Mit der Blockchain-Technologie könnte man eine neue Generation des Internets begründen. Zum Internet der Dinge, von dem wir zurzeit sprechen, kommt ein Internet des Vertrauens hinzu«, glaubt Prinz.
Sicherer Herkunftsnachweis
Für die Logistik-Branche ist Blockchain ebenfalls attraktiv: Eine Transportkette ließe sich lückenlos dokumentieren und so die Echtheit des versendeten Objekts garantieren. »Für Diamantentransporte gibt es bereits eine Blockchain-Lösung«, so Prinz. Mit Hilfe von Blockchain ließe sich auch die Herkunft von Medikamenten oder Lebensmitteln sicher nachweisen und überprüfen, ob beispielsweise die Kühlung während des gesamten Transports gewährleistet war.
»In Zusammenarbeit mit unseren Workshop-Teilnehmern haben wir zahlreiche mögliche Anwendungen identifiziert. Wir arbeiten zwar erst mit Prototypen, aber die Entwicklung kann sehr schnell gehen. Es ist daher wichtig, jetzt zu handeln, Geschäftsmodelle an die neue Technologie anzupassen und Prozesse mit ihrer Hilfe zu optimieren«, betont Fridgen.