Ideen für die Logistik in den Innenstädten
Verstopfte Straßen und hohe Stickoxidwerte beherrschen die Diskussion um die Lage in deutschen Innenstädten. Auf dem 34. Deutschen Logistik-Kongress in Berlin diskutierten Experten die Zukunft des Transports in urbanen Zentren. Bei der Urban LogCon kommende Woche in Amsterdam geht der Gedankenaustausch weiter.„Unser größtes Problem ist das Wachstum“, erklärt Dr. Gereon Uerz, Europe Region Foresight Leader bei der Arup GmbH. Bis zum Ende des Jahrhunderts erwartet der Soziologe weltweit zahlreiche Megacitys mit bis zu 60 Millionen Einwohnern. Die Anforderungen an die innerstädtische Güterversorgung werden entsprechend hoch sein und erfordern ganz neue Denkansätze: Warenlieferungen via Drohnen oder auch unterirdisch durch autonome Fahrzeuge sind denkbare Szenarien. Der Online-Versandhandelsriese Amazon ließ sich im Sommer dieses Jahres bereits ein Drohnenhub patentieren.
Was nach Zukunftsmusik klingt, basiert auf aktuellen Problemen: Zahlreiche deutsche Städte stoßen an ihre infrastrukturellen Grenzen, werden aufgrund der Nichteinhaltung von Schadstoff-Grenzwerten verklagt und erwägen Fahrverbote für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren in ihren Zentren. Hier bieten alternative Antriebskonzepte eine mögliche Lösung. „Wenn wir bis 2030 etwas ändern wollen, bleibt allerdings nicht viel Zeit. Im Bereich der Nutzfahrzeuge sprechen wir von zwei Fahrzeuggenerationen, um alternative Antriebe zu etablieren“, erklärt Felix Kybart, Leiter Alternative Antriebe bei MAN Trucks & Bus AG. Er betont, dass jeder fünfte Stadtbus des Unternehmens nicht mehr mit Verbrennungsmotor ausgeliefert wird. „Die Nachfrage auf städtischer Seite steigt.“ Wichtig für Logistikunternehmen sei es, die Herausforderungen ganzheitlich zu betrachten. Was das bedeutet, verdeutlichte Steffen Kaup, Head of Future Innovation Transport and Logistics bei der Daimler AG. „Das Logistikvolumen steigt jährlich um etwa 2,7 Prozent an. Um das stetig steigende Transportaufkommen zu managern, könnten zum Beispiel Online-Frachtenbörsen dabei helfen, Leerkilometer von Lkw zu vermeiden.“ Daneben misst der Computerwissenschaftler auch der sogenannten Crowd-Delivery künftig eine wichtige Bedeutung zu. Dabei stellen Privatpersonen nach vorheriger Online-Registrierung Waren zu.
Einen vollkommen anderen Ansatz für die Entlastung der Verkehrswege verfolgt das Schweizer Unternehmen Cargo sous terrain AG. „Wir entwickelt derzeit ein vollautomatisches unterirdisches Transportsystem, das Waren über autonome Hochgeschwindigkeitskapseln in die Innenstädte liefert“, berichtet Verwaltungspräsident Peter Sutterlüti. Partner bei dem Leuchtturmprojekt ist das US-amerikanische Unternehmen Hyperloop One von Tesla-Gründer Elon Musk. Die Fahrzeuge werden ausschließlich mit erneuerbaren Energien betrieben. Dem alternativen Antrieb kommt auch an anderer Stelle eine größere Bedeutung zu – nämlich auf der letzten Meile. DHL startete Pilotprojekte mit Lastenfahrrädern, die Waren in Containerboxen an ihren Bestimmungsort bringen. Diese setzt der Logistiker in Frankfurt und Stuttgart zusammen mit den elektrischen betriebenen Transportern ein, die als mobile Hubs fungieren.
Die Vorzeichen für die Zukunft der Elektromobilität sind positiv. Denn die Kosten pro Kilowattstunde für den Batteriebetrieb haben sich in den letzten sieben Jahren um 77 Prozent verringert. Darum sind sich die Referenten auf dem 34. DLK einig: Das emissionsfreie Fahren in der Innenstadt wird bis 2030 deutlich zunehmen.
In der kommenden Woche, am 21. und 22. November 2017, treffen sich Experten aus Industrie, Handel, Logistikdienstleistung und Forschung auf der Urban Logistics Convention in Amsterdam, um über Lösungen für die Güterversorgung in urbanen Räumen zu diskutieren. Die UrbanLogCon wird von Roland Berger und der BVL mit Unterstützung der niederländischen und französischen Logistikorganisationen VLM und ASLOG organisiert.