Ladungssicherung, Folgen falscher Lastverteilung
Die falsche Lastverteilung von Ladung kann bei Vollbremsung von Nutzfahrzeugen den Weg bis zum Stillstand derart verlängern, dass der Ausgang des Manövers tödlich endet. Diese Erkenntnis ergibt sich aus den Mess-Ergebnissen des Untersuchungsprojektes im Forschungs- & Technologiezentrum Ladungssicherung Selm (F&T LaSiSe). Danach ermittelten Wissenschaftler und Ingenieure bei einer überladenen Hinterachse eines 40-Tonner-Lkw und eines 7,5 Tonner Lkw bis zu 33 Prozent mehr Bremsweg auf trockener Fahrbahn.
„Der enorme Einfluss, den falsche Beladung auf den Bremsweg eines Fahrzeugs hat, war bislang nicht bekannt“, betont Geschäftsführer Bernhard Schröder von der F&T LaSiSe gGmbH. Auffahrunfälle mit Schwerverletzten oder Todesopfern seien vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse neu zu bewerten und künftig bei Gutachten die Lastverteilung genauer zu untersuchen. Insbesondere wenn der sogenannte Notbremsassistent gewirkt habe, könnte dann den Verlader eine Teilschuld treffen. Die Untersuchungen auszuweiten, um verschiedene Einflussgrößen in einen Zusammenhang zu stellen, sei angeraten. Intelligente Technologie-Lösungen aus der Nutzfahrzeugindustrie könnten Fehlverhalten verhindern.
„Dem Fahrzeugführer muss sofort eine falsche Lastverteilung angezeigt werden. Sensoren zur Kraftmessung sind schon heute häufig in den Fahrzeugen vorhanden. Die automatische Minderung der Antriebsleistung wäre mit Sicherheit ein Signal, das in der Praxis direkt Beachtung finden würde“, erklärt Prof. Carsten Dorn vom renommierten „Steinbeis-Forschungszentrum Institut für Transportwesen und Logistik“, der das F&T LaSiSe wissenschaftlich begleitet und das europaweit einzigartige Freiluftlabor in der Region Rhein-Ruhr für praktische Versuche nutzt.
Fatale Fehler mit Folgen für die Sicherheit auf den Straßen könnten schon passieren, wenn der entsprechende fahrzeugspezifische Lastverteilungsplan keine genaue Beachtung finde. In Schulungen in puncto Ladungssicherung sei auf die Auswirkungen dringend hinzuweisen, unterstrich Dorn, der außer der wissenschaftlichen Leitung im F&T LaSiSe unter anderem in führender Steinbeis-Funktion für den Technologietransfer zur Optimierung logistischer Netzwerke steht sowie als Forschender und Lehrender an der Hochschule Bremerhaven für trimodale Ladungssicherung.
Wie eklatant sich die ermittelten Ergebnisse in der Praxis auswirken, verdeutlichen allein durch die Grundlagenforschung belegte Beispiele zum verlängerten Bremsweg:
- Der 40-Tonnen-Sattelzug legte bei Vollbremsung im Schnitt noch 30 Meter zurück, wobei sich der Bremsweg bei falscher Beladung um zehn Prozent auf immerhin 33 Meter verlängerte. Im realen Autobahnverkehr könnten schon diese drei Meter mehr für einen vorweg fahrenden Kleinwagen den Totalschaden und für die Insassen lebensgefährdende Folgen haben, nur weil Verlader und Lkw-Fahrer die vorgegebene Lastverteilung nicht umgesetzt haben. Bei den wissenschaftlichen Versuchen wurde der jeweilige Bremsweg gemessen von der Berührung des Bremspedals zum Druckaufbau bis zum Stillstand des Fahrzeuges. Reaktionszeiten kommen also noch hinzu. Bei vorderer Überladung war der Wert noch höher. Bei Vollbremsung sei eine solche Bremsweg-Verlängerung „unter Umständen tödlich“, heißt es warnend in dem Forschungsbericht.
- Beim zweiten Probanden-Fahrzeug mit zu viel Hinterachsenlast, dem 7,5-Tonnen-Lkw, verlängerte sich der durchschnittliche Bremsweg von 25 Metern noch deutlicher um 33 Prozent und damit um mehr als acht Meter. Bei geringer Geschwindigkeit vergrößerte sich die Strecke bei Vollbremsung bis zum Stillstand sogar um 60 Prozent.